Spielfilm „Jumanji“: Eingewöhnung in die Leiblichkeit

In der Fortsetzung seines Computereffekte-Klassikers „Jumanji“ lässt Regisseur Jake Kasdan wieder Menschen von einem Spiel aufsaugen.

Menschen stehen auf einer Wiese. Sie haben staunende Gesichter

Was ist da los? Foto: Sony

Immer diese Jugendlichen! Sind hochgradig sozial gestört, da stark nerdistisch veranlagt oder hoffnungslose Smartphone-Junkies. So sieht das der Direktor der Schüler Spencer, Bethany, Fridge und Martha. Weil der introvertierte Spencer seinem Kumpel Fridge den Essay geschrieben und dabei allzu auffällig seine eigene Schularbeit vom Vorjahr recycelt hat, die schüchterne Martha sich dem Ballsport mit dem Hinweis verweigert, das sei Zeitverschwendung, die ihr auf dem Weg nach Harvard nicht helfe, und Bethany im Unterricht partout die Telefongespräche mit ihrer besten Freundin nicht beenden will, gibt es für sie alle zur Strafe eine nützliche Aufgabe: die schulische Rumpelkammer aufräumen.

Das unfreiwillige Team findet bald eine willkommene Abwechslung: ein altes Computerspiel namens Jumanji. Kaum sind die Avatare gewählt und der Start-Button gedrückt, beginnen die Schüler sich zu entmaterialisieren und werden vom Spiel kurzerhand „aufgesaugt“.

Mit „Jumanji – Willkommen im Dschungel“ setzt Regisseur Jake Kasdan seinen Erfolgsfilm „Jumanji“ von 1995 fort. Damals waren es noch Robin Williams und Kirsten Dunst, die in den Bann des mysteriösen Spiels gerieten, das entweder die Spieler in seine eigene Welt hineinzog oder die zivilisierte Wirklichkeit mit wilder Flora und Fauna zersetzte. Eine Wunschmaschine, die Träume wahr werden ließ, von denen man gar nicht wusste, dass man sie hatte.

In der Zwischenzeit sind die Onlinemedien so allgegenwärtig geworden, dass diese in der Gegenwart angesiedelte Version von „Jumanji“ wie als visueller Kommentar die Spieler komplett in ihre virtuelle Realität versetzt. Damit bekommen die vier Minderjährigen, ihren Spielfiguren entsprechend, auch neue Körper verpasst: Der schlaksige Spencer steckt fortan im muskulösen Leib von Dwayne Johnson, sein kräftiger Kumpel Fridge landet in der schmächtigen Physis von Kevin Hart, während die in sich gekehrte Martha plötzlich mit Karen Gillans Supermodel-Look zurechtkommen muss.

Am heftigsten erwischt es die Selfie-freudige Bethany: Sie findet sich in Jack Blacks Körper wieder, als „übergewichtiger Mann“, wie es ihr beim Blick in das Spiegelbild eines Flusses entsetzt erfährt. Aus dieser Pointe, dass die Schauspieler fortan andere spielen, die einen fremden Körper erkunden, bezieht der Film sein größtes komisches Potenzial. Und erörtert nebenbei Gender- und Rollenfragen als Angelegenheiten der Eingewöhnung in eine bestimmte Leiblichkeit.

Was zu diversen Verwicklungen führt. Besonders schön eine Szene, in der Bethany in der Gestalt von Jack Black der in diesen Dingen wenig bewanderten Martha die Catwalk-Gangart beizubringen versucht und diese, im Körper Karen Gillans, virtuos an der Aufgabe scheitert, den Erwartungen an ihre Weiblichkeit zu entsprechen. Dass die vier eine Aufgabe zu erledigen haben und im Spiel sogar ihr Leben riskieren, gerät da fast zur Nebensache, auch wenn es den Rahmen der Handlung bietet.

„Jumanji – Willkommen im Dschungel“. Regie: Jake Kasdan. Mit Dwayne Johnson, Jack Black u. a. USA 2016, 119 Min.

Jake Kasdan nutzt diese Prämisse aber für einige liebevoll wuchernde Dschungellandschaften mit ziemlich realistisch animierten Nilpferden, Nashörnern und Jaguaren.

Die Realität im Computer als etwas, das einen direkt affizieren kann, ist zwar kein völlig neuer Querverweis auf die Realität der meisten Menschen, die sich heute im Internet bewegen. Ironisch gewendet, bekommt die Sache dann jedoch wieder ihren Reiz: Wenn ausgerechnet die digital eingeborene Bethany, zurückgekehrt aus den digitalen Welten Jumanjis, das Bedürfnis verspürt, mal so richtig zelten zu gehen, ist das keine schlechte, in sich verdrehte Ironie.

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