Katalonien steuert auf Patt zu

Bei den Neuwahlen hoffen Befürworter und Gegner der Unabhängigkeit um Mehrheiten

Von Reiner Wandler

Auch die letzten Umfragen bringen keine Klarheit. Die Frage, welcher der beiden Blöcke – die Befürworter der Unabhängigkeit oder die Verteidiger der spanischen Einheit – im Rennen für die vorgezogenen Wahlen zum Autonomieparlament in Katalonien am heutigen Donnerstag vorne liegt, bleibt unbeantwortet. Nur eines steht fest, es wird knapp.

Die Wahlen wurden von der spanischen Regierung in Madrid ausgerufen, nachdem die Autonomieregierung um Carles Puigdemont des Amtes enthoben wurde, die Regionalverwaltung von Madrid übernommen und das Parlament aufgelöst hat. Der Grund: Die nordostspanische Region hatte am 27. Oktober einseitig ihre Unabhängigkeit vom spanischen Königreich erklärt.

Die drei Parteien, die für die Unabhängigkeit Kataloniens eintreten, sind: die Liste „Gemeinsam für Katalonien“ (JxCAT) um den nach Belgien geflohenen Puigdemont, die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) um den ehemaligen Vizeregierungschef Oriol Junqueras, der in Untersuchungshaft sitzt, sowie die antikapitalistischen Kandidatur der Volkseinheit (CUP). Zusammen könnten die absolute Mehrheit von 68 Abgeordneten knapp verlieren.

Doch ein knappes Scheitern der Unabhängigkeitsparteien wäre noch immer nicht die Mehrheit für die Kräfte, die die Zwangsverwaltung Kataloniens nach der Unabhängigkeitserklärung mit Hilfe des Verfassungsartikels 155 unterstützen. Das sind neben Partido Popular (PP) von Spaniens konservativem Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, die sozialistischen PSC und die rechtsliberalen Ciudadanos (C’s).

Zünglein an der Wage wird wohl die Partei CeCP der Bürgermeisterin von Barcelona Ada Colau mit ihrem Spitzenkandidat Xavier Domènech. Diese Formation, der auch die linksalternative Podemos angehört, sucht nach einem dritten Weg zwischen einseitig verkündeter Unabhängigkeit und Zwangsverwaltung. Sie verlangt eine tiefgreifende Reform der spanischen Verfassung, um dem plurinationalen Charakter Spaniens gerechter zu werden.

Wer letztendlich stärkste Partei im neuen Parlament wird, ist offen. Selbst wenn die Unabhängigkeitsbefürworter die absolute Mehrheit erreichen, dürfte es Puigdemont schwer haben, erneut Regierungschef zu werden. Auch deshalb, weil er, sollte er nach Spanien zurückkommen, sofort verhaftet würde.

Auf der Seite haben es die spanientreuen Parteien nicht viel leichter. Rajoys PP unterstützt die Kandidatin von C’s, Inés Arrimadas, als Ministerpräsidentin – die Sozialisten nicht.