Kulturpolitik am Kurfürstendamm: Vorhang zu – und viele Fragen offen

Abschied von den historischen Sälen: Die Ku’damm-Bühnen ziehen dieses Jahr ins Schillertheater. Also Ende gut, alles gut?

Muss ebenso wie das Theater am Kurfürstendamm demnächst umziehen: Die Komödie Foto: dpa

Für die Ku’damm-Bühnen hat 2018 quasi alles Premiere: In diesem Jahr fällt für das „Theater am Kurfürstendamm“ und die „Komödie“ der Vorhang in ihren beiden historischen Sälen aus den 1920er Jahren. Cells Bauwelt, Eigentümer des Ku’damm-Karrees, in dem sich die Theater befinden, will sie im Juni abreißen.

Das Schillertheater, das bis zum Herbst 2017 die Staatsoper beherbergte, wird für die Theaterleute vom Ku’damm danach zum Ausweichquartier – voraussichtlich bis 2022. Danach soll ein einzelnes Theater zurück in den neuen Saal im umgebauten Ku’damm-Karree ziehen.

Also alles gut für die Ku’damm-Bühnen im Schillertheater? Nicht ganz. Die „Übersiedlung“ ins Schillertheater, um das Martin Woelffer lange als Ersatzspielstätte gekämpft hatte, „beinhaltet große Risiken für uns, deren Auswirkungen wir derzeit noch nicht absehen können“, sagte der Theaterdirektor der taz.

Obwohl es die Verabredung mit dem Land Berlin gebe, dass „wir ins Schillertheater ziehen können“, liege noch kein abschließender Vertrag mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) vor, betont Woelffer. Was stimmt. Man befinde sich in „guten Gesprächen mit der Komödie und der Kulturverwaltung mit dem Ziel, einen Vertrag abzuschließen“, erklärte Christian Breitkreutz, Sprecher der BIM, den aktuellen Verhandlungsstand.

Man rechnet mit Mindereinnahmen

Weiter sei es für seine Theater schwierig, die Übergangszeit ohne finanzielle Verluste stemmen zu können, sagte Woelffer. „Wir schließen Ende Mai/Anfang Juni und eröffnen im September im Schillertheater wieder.“ Zusätzlich zum teuren Umzug müsse das Programm beschnitten werden, deshalb rechne er mit Mindereinnahmen. „Denn wir spielen nicht wie sonst den Sommer über durch.“ Woelffer erinnerte daran, dass seine Häuser Privattheater seien und nicht mit üppiger öffentlicher Unterstützung bezuschusst werden.

Daniel Wesener, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Abgeordnetenhaus, gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Betriebskosten im Schillertheater mit rund 900.000 Euro im Jahr „nicht unerheblich“ seien. Die Kulturverwaltung werde zwar die Woelffer-Miete von rund einer Million Euro tragen, zudem will sie den jährlichen Zuschuss an das Theater von derzeit 235.000 Euro auf gut 900.000 Euro anheben.

Das Boulevardtheater bespielt ab kommenden Herbst ein fast doppelt so großes Haus

Weil das Boulevardtheater aber ab Herbst fast das Doppelte seiner bisherigen Raumverhältnisse – nämlich 2.000 Quadratmeter Bühnenfläche und über 1.000 Zuschauerplätze – bespielen und finanzieren müsse, seien weitere Kosten für das Schillertheater nicht ausgeschlossen, so der Grünen-Politiker.

Dass die Ku’damm-Bühnen künftig einen Saal statt wie bisher zwei Säle bespielen, macht Woelffer dagegen weniger Sorgen. Es sei zwar „ein Schnitt, dass es im Schillertheater nur einen Spielplan gibt“. Das bedeute auch weniger Investitionen. Zugleich könne das Theater sich hier für die Zeit nach dem Bismarckstraßen-Intermezzo in neuen Ku’damm-Karree vorbereiten.

Der Abriss bleibt ein Skandal

Woelffer ließ keinen Zweifel daran, dass er fest davon ausgehe, den alten Theaterstandort ab 2023 wiederbeleben zu können. Cells Bauwelt habe sich in einem „städtebaulichen Vertrag mit dem Bezirk zum Bau eines Theaters im Kudamm-Karree verpflichtet“. Oliver Schrouffeneger, grüner Bezirksbaustadtrat, habe ihm zugesichert, dass der Bezirk darauf achte, dass Cells die gemachten Zusagen einhält.

Doch Woelffer hat nicht nur gute Erfahrungen mit der Politik gemacht: Seit 2006 waren die Theater von Räumungsklagen, wechselnden Eigentümern und Spekulanten bedroht. Der Senat ließ ihn mehrfach im Stich, Bürgerinitiativen formierten sich für den Erhalt.

Dass Cells Bauwelt für 15 Millionen Euro ein neues Haus – das umstrittene Kellertheater – auf dem Gelände Kurfürstendamm 206 errichten will, tröstet Woelffer mehr schlecht als recht: „Für den Kulturstandort Berlin bleibt es ein Skandal, dass die historischen Säle abgerissen werden.“

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