Flüchtlinge in Israel: Protest gegen Vertreibung

Rund 40.000 Afrikaner müssen ab April entscheiden, ob sie Israel „freiwillig“ verlassen oder ins Gefängnis gehen. Viele wollen das nicht hinnehmen.

Männer in Ketten und zugeklebten Mündern stehen in einer Reihe

Eritreische Flüchtlinge demonstrierten als Sklaven vor dem Knesset-Gebäude in Jerusalem Foto: dpa

JERUSALEM taz | Je näher der Stichtag für die Zwangsvertreibung afrikanischer Flüchtlinge aus Israel rückt, desto stärker regt sich der Protest. Tausende Migranten zogen in den letzten Tagen vor das Parlament und die Botschaft von Ruanda, einem der möglichen Drittländer, die Vertriebene aufnehmen könnten. Männer legten sich Ketten auf die Oberkörper und simulierten einen Sklavenmarkt.

Ab 1. April, so entschied die Regierung von Benjamin Netanjahu, müssen die rund 40.000 Afrikaner entscheiden, ob sie „freiwillig“ Israel verlassen oder auf unbestimmte Zeit ins Gefängnis gehen. Menschenrechtsaktivisten kündigten an, die Betroffenen bei sich zu Hause zu verstecken. El-Al-Piloten wollen den Transport der Menschen ins Ungewisse verweigern, und renommierte Autoren, darunter Amos Oz und David Grossman, appellieren an die Regierung, „moralisch, menschlich und mit Mitgefühl“ zu handeln.

Kaum ein Dutzend Flüchtlinge ist bislang anerkannt worden. Dabei kommen die meisten aus Eritrea und dem Sudan, wo sie Krieg und Gefängnis erwartet. Israels Ziel ist, alle offiziell als „Infiltranten“ bezeichneten Menschen wieder loszuwerden. Dafür zahlt der Staat einen Bonus in Höhe von 3.500 Dollar an jeden Ausreisewilligen und 5.000 Dollar an das Drittland, das bereit ist, sie aufzunehmen.

Ruanda und Uganda sind dafür im Gespräch, aber die Regierung in Kigali teilte Anfang der Woche mit, sie habe „nie ein geheimes Abkommen mit Israel unterzeichnet“, wie Gerüchte behaupteten. Ruanda sei bereit, zu helfen, und heiße jeden willkommen, „der freiwillig und ohne Zwang“ komme.

Die Berichte derer, die die Reise nach Ruanda und Uganda schon hinter sich haben, lässt die Flüchtlinge in Israel zögern. „Deportation nach Ruanda gleich Todesurteil“, stand auf einem der Protestplakate. So weit will es Menschenrechtsaktivistin Rabbi Susan Silverman nicht kommen lassen. Inspiriert von der Geschichte der Anne Frank, des jüdischen Mädchens, das sich mithilfe von Nachbarn in Amsterdam über Jahre vor den Nazis versteckt hielt, appelliert Silverman an die Israelis, Menschen in Not bei sich zu verstecken, sollte es ernst werden.

„Ich kann mich vor Anfragen kaum retten“, sagt Silverman auf Nachfrage. Nicht nur Einzelne zeigten sich hilfsbereit, sondern „ganze Nachbarschaften, Kibbuzim und Moschawim“, israelische Landwirtschaftskooperativen. Ginge es nach der Rabbinerin, Mutter von zwei äthiopischen Adoptivkindern neben drei leiblichen, sollte das Geld, das der Staat als Anreiz an die Drittländer zahlt, „besser in Ausbildungskurse für die Flüchtlinge investiert werden“.

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