Debatten rund ums Filmfest

Diese Berlinale ist die vorletzte unter Leitung von Dieter Kosslick, der zuletzt vermehrt in die Kritik geriet. Aber auch anderes wird auf den Festspielen diskutiert werden

Von Susanne Messmer

Dieter Kosslick, 69, geboren in Pforzheim, leitet die 1951 gegründeten Internationalen Filmfestspiele Berlin, kurz die Berlinale, seit 2011. Zuvor hatte er sich als Geschäftsführer der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen einen Namen gemacht. Sein Vertrag läuft im Mai 2019 aus: Also ist die 68. Berlinale, die am 15. Februar 2018 beginnt, seine vorletzte.

Die Entscheidung über die Nachfolge Dieter Kosslicks soll im Sommer 2018 fallen. Erst Ende Januar traf sich der Aufsichtsrat der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (KBB) unter Vorsitz von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) zur außerordentlichen Sitzung, um mit einer Beratungsgruppe über die zukünftige Leitungsstruktur der Berlinale zu diskutieren. Ende November hatte eine Erklärung von 79 Regisseurinnen und Regisseuren für Furore gesorgt, in der die UnterzeichnerInnen – darunter Maren Ade, Fatih Akin, Edgar Reitz, Dominik Graf, Rosa von Praunheim und Margarethe von Trotta – ein transparentes Verfahren und ein internationales und zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetztes Gremium forderten. Sie verlangten zudem einen Neuanfang und Entschlackung, sodass ihr Brief auch als offene Kritik an Dieter Kosslick gedeutet wurde. Kosslick selbst, sonst als Mister Gute Laune bekannt, reagierte aufgebracht: „Ich war stinksauer.“

Tatsächlich gilt nicht nur unter Filmfreaks vor allem der Wettbewerb der Berlinale mit seiner Mischung aus lauwarmem Starkino und diffusem politischem Film seit Längerem als der schwächste unter den großen Filmfestspielen, zu denen vor allem die in Cannes und Venedig gezählt werden. Statt das Festival inhaltlich stärker auszurichten, habe Kosslick zu viel Wert auf die ständige Erweiterung von Sektionen und Sonderprogrammen gelegt – etwa auf die umstrittene Reihe „Kulinarisches Kino“. All das habe zu weit weg geführt vom Kern des Kinos.

Trotzdem ist unumstritten, dass Dieter Kosslick die Berlinale zum größten Publikumsfestival unter den Großen, ja der ganzen Welt gemacht hat: 2017 wurden doppelt so viele Karten verkauft wie im Jahr 2000, nämlich 334.000. So gilt Berlin trotz kaltem Winterwetter auch im Februar als Touristenmagnet.

Für Kosslick sprechen vor allem die Berlinale-Fans gegen Entschlackung: Für sie gebe es nach wie vor zu wenige Karten, die Berlinale sei ihnen immer noch zu klein.

Es gibt noch eine weitere Diskussion, die die diesjährige Berlinale prägen wird: die #Metoo-Debatte. Denn spätestens seit den Vorwürfen mehrerer Frauen gegen den deutschen Regisseur Dieter Wedel gegenüber der Zeit Anfang dieses Jahres, er habe sie gequält und missbraucht, ist auch die deutsche Filmbranche stark in die Kritik geraten.

So erklärte Kosslick der dpa am 5. Februar, es seien mehrere Veranstaltungen zum Thema Diversity geplant, es gebe Aktivitäten von Pro Quote Film, die eine Frauenquote für die gesamte Branche fordert, und der internationalen Organisation für Frauen in Film und Fernsehen. Außerdem unterstütze die Berlinale die Initiative von Daniela Elstner, der Leiterin einer französischen World-Sales-Firma, die eine Website und Hotline gegen sexuelle Belästigung im Filmgeschäft startet.