BGH: Keine Strafmilderung

Auch dass das Opfer im Fall des kannibalistischen Mörders willig war, macht keinen Unterschied

Ausnahmen dürften „nicht voreilig“ erweitert werden, denn das Leben ist der höchste Wert der Verfassung

Ein kannibalistischer Mörder muss zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt werden – auch wenn sein Opfer mit der Tat einverstanden war. Zu diesem Schluss kam jetzt der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig und hob ein milderes Urteil des Landgerichts Dresden auf.

Konkret ging es um den Fall von Detlef G., einem Beamten des sächsischen Landeskriminalamts. In einem Internetforum lebte er seine kannibalistischen Fantasien aus und lernte dort den polnischen Geschäftsmann Wojciech S. kennen, der in Hannover lebte. S. verspürte den dringenden Wunsch, zerstückelt und verspeist zu werden. Im November 2013 feierte man im Keller der Pension ein gemeinsames blutiges „Schlachtfest“, an dessen Ende der Pole tot und seine Leiche zerstückelt war.

Seilwinde

Der Polizist behauptete zwar, der Pole habe sich mit Hilfe einer Seilwinde selbst erhängt. Doch das Landgericht Dresden ging davon aus, dass es der Polizist war, der die Seilwinde bediente. Das Landgericht verurteilte ihn deshalb wegen Mordes. Er habe den Polen getötet, weil ihn das Zerstückeln der Leiche sexuell erregte.

Laut Strafgesetzbuch ist Mord stets mit „lebenslanger Freiheitsstrafe“ zu bestrafen. 1981 hat der BGH allerdings eine Ausnahme für den sogenannten „Haustyrannenmord“ zugelassen. Eine Frau, die von ihrem Ehemann jahrelang malträtiert worden war, tötete diesen, als er schlief. Diese „Heimtücke“ machte die Tötung zwar zum Mord. Der BGH billigte der Frau aber „außergewöhnliche Umstände“ zu und erlaubte ausnahmsweise eine mildere Strafe.

Eine ähnliche Ausnahme wollte das Landgericht Dresden auch dem Polizisten zubilligen. Wenn das Opfer mit der Tat einverstanden ist, sei eine lebenslange Freiheitsstrafe unverhältnismäßig hart. Die Dresdner Richter verurteilten den Polizisten deshalb nur zu acht Jahren und sieben Monaten Haft.

BGH hob das milde Urteil auf

Doch auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob der BGH das milde Urteil nun wieder auf. Von der Höchststrafe könne nur in Fällen „unverhältnismäßig geringer Schuld“ abgewichen werden, so der Vorsitzende Richter Norbert Mutzbauer. Diese Ausnahmen dürften aber „nicht voreilig“ erweitert werden, mahnte Mutzbauer, denn das Leben sei der höchste Wert der Verfassung.

Wenn jemand beim Tötungsakt und beim Zerstückeln der Leiche sexuelle Lust empfinde, dann sei die Schuld so groß, dass der Wunsch des Opfers, getötet zu werden, nicht mehr ins Gewicht falle, so BGH-Richter Mutzbauer.

Fall abgeschlossen

Der BGH, der ein früheres ähnliches Urteil des Landgerichts Dresden schon einmal aufgehoben hatte, wies den Fall nicht erneut zurück, sondern verurteilte den Polizisten nun selbst zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Az.: 5 StR 267/17

Christian Rath