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: Gesundheitsminister Spahn schießt gegen 219a-Gegner

Die SPD hofft, gemeinsam mit der Union das Verbot der „Werbung“ für Abtreibungen zu reformieren. Die aber erteilt jeglichen Änderungen eine Absage – allen voran Jens Spahn

Das Neue

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich gegen Änderungen am Verbot der „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche ausgesprochen – und sich dabei abfällig über die Kritiker*innen des Verbots geäußert. „Wenn es um das Leben von Tieren geht, da sind einige, die jetzt für Abtreibungen werben wollen, kompromisslos“, sagte der CDU-Politiker der Bild am Sonntag. In der Debatte werde „manchmal gar nicht mehr berücksichtigt, dass es um ungeborenes menschliches Leben geht“. Auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach sich gegen eine Änderung aus. Sollte es „Informationslücken“ geben, werde man „sicher eine Lösung finden, dass Frauen einen noch besseren Zugang zu allen nötigen Informationen bekommen“; eine „Aufweichung des Werbeverbots“ stehe für die Union aber nicht zur Diskussion.

Der Kontext

Paragraf 219a Strafgesetzbuch verbietet „Werbung“ für Abtreibungen. Darunter fällt allerdings auch, wenn Ärzt*innen lediglich öffentlich darüber informieren, dass sie diese durchführen. Linke und Grüne wollen den Paragrafen streichen, die FDP will ihn modifizieren. Bis vor Kurzem war auch die SPD für eine Streichung. Nachdem aber Abgeordnete der Union empört reagiert hatten, beschlossen die Sozialdemokrat*innen am Dienstag, ihren Antrag doch nicht zur Abstimmung zu stellen. Stattdessen einigten sich Union und SPD darauf, dass nun das Justizministerium einen Vorschlag erarbeiten soll.

Die Reaktionen

„Die vom Gesundheitsminister gezogenen Vergleiche zum Tierschutz liegen völlig neben der Sache“, sagt FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae der taz. Es gehe nicht um Schwangerschaftsabbrüche, sondern um die Frage, wo und wie darüber informiert werden dürfe. Cornelia Möhring (Linke) erklärte, Spahn zeige damit „erneut, dass ihm die Rechte und Nöte von Frauen komplett am Arsch vorbeigehen“. Grünen-Politiker Anton Hofreiter sagte, Spahn wolle offenbar, dass es Frauen „weiterhin unnötig schwer gemacht wird, seriöse medizinische Informationen zu bekommen“. Auch die SPD reagierte mit Kritik. „Jens Spahns durchsichtige Effekthascherei nervt“, sagte Fraktionsvize Katja Mast. Er solle den Vorschlag des Justizministeriums abwarten.

Die Konsequenz

Die Kritik konzentriert sich auf den routinierten Provokateur Spahn. Doch auch Kramp-Karrenbauer und andere Unions-Abgeordnete haben sich gegen jegliche Änderung von Paragraf 219a ausgesprochen. Eine gemeinsame Reform des Gesetzes ist also unwahrscheinlich. Derweil wird sich wohl der Bundesrat Ende April mit Paragraf 219a befassen: Berlin, Bremen, Hamburg, Thüringen und Brandenburg haben eine Initiative zur Streichung eingebracht. Nun will der Berliner Senat das Thema am 27. April abstimmen lassen. „Wenn der Bundestag nicht vorankommt, müssen wir ihn eben antreiben“, sagte ein Sprecher des Berliner Justizsenators Dirk Behrendt der taz. Eine Mehrheit ist aber unsicher. Dinah Riese