Kommentar Politik des US-Präsidenten: Chaostage im Weißen Haus

Der US-Präsident rüstet für den Handelskrieg, sein Wirtschaftsberater geht. Wichtiger ist aber der Streik der LehrerInnen in West Virginia.

Der US-Präsident bei einer Pressekonferenz

Stiftet ordentlich Chaos: US-Präsident Donald Trump Foto: ap

Es war ein neuer Tag von extremem Chaos im Weißen Haus: Donald Trump erklärte, dass er Handelskriege „nicht schlecht“ findet, während der schwedische Premierminister, der für die EU gegen die Strafzölle plädiert hatte, mit versteinertem Gesichtsausdruck neben ihm stand. Trumps' Wirtschaftsberater Gary Cohn kündigte seinen Rücktritt an und jagte eine Schockwelle durch die Börsen der Welt. Und ein Pornostar reichte eine Klage gegen den US-Präsidenten ein.

Diese Entwicklungen sind spektakulär, aber keine kommt überraschend: Trump kokettiert seit langem mit „Strafzöllen“ – wohlwissend, dass er damit vor allem die Beziehungen zu den Verbündeten – Kanada, Südkorea und Europa – verschlechtert, während China den US-Markt für Stahl und Aluminium relativ problemlos ersetzen kann. Der Wall-Street-Banker Cohn, war zuletzt nur im Weißen Haus geblieben, um Trump von dem Handelskrieg abzuhalten. Nach dem Scheitern dieses Vorhabens, ist sein Rückzug nur logisch.

Und die Pornodarstellerin „Stormy Daniels“ drängt mit ihrem Verhältnis, das sie mit dem frisch mit Melania verheirateten Trump gehabt habe, seit Monaten in die Öffentlichkeit. Nun hat sie einen Weg gefunden, die teuer bezahlte Schweigevereinbarung zu brechen: Trump habe die Vereinbarung gar nicht unterschrieben.

Weit weg von dem Routine gewordenen Chaos im Weißen Haus war ein anderes Ereignis an demselben Dienstag in dem kleinen Bundesstaat West Virginia tatsächlich neu und überraschend. Dort haben 33.000 streikende LehrerInnen einen beeindruckenden Sieg errungen. Nach Jahren, in denen Arbeitskämpfe in den USA fast unweigerlich zum Scheitern führten, ist das ein Kehrtwende um 180 Grad. Sie könnte nationale Folgen haben.

Von allen Bundesstaaten war West Virginia ein besonders unwahrscheinlicher Schauplatz für diese Entwicklung. Denn der Bundesstaat, dessen Auf- und Abstieg mit der Kohleförderung verbunden ist, hat im November 2016 zu fast 70 Prozent für Trump gestimmt. Der Drang zu Trump – und das Vertrauen in sein Versprechen einer neuen Kohle-Zukunft – waren so groß, dass wenig später auch der als Demokrat gewählte Gouverneur von West Virginia die Partei wechselte und zu den Republikanern ging.

Öffentliche Schulen geschlossen

Dieser Front von RepublikanerInnen standen die Streikenden gegenüber. Erschwerend kam hinzu, dass die nationalen Medien ihren Protest weitgehend ignorierten und dass sogar ihre Gewerkschaften Mitte letzter Woche, als es noch keine verbindliche Zusage der Regierung des Bundesstaates gab, ein Ende des Arbeitskampfes empfahlen.

Doch die Streikenden ließen nicht locker. Sie schlossen fast zwei Wochen lang alle öffentlichen Schulen im Bundesstaat und organisierten damit den längsten Lehrerstreik seit mehr als zwei Jahrzehnten in den USA. Zusätzlich zu ihrem schlechten Lohn, sollten sie drastische Erhöhungen ihrer Krankenversicherung einstecken. Stattdessen haben sie nun fünf Prozent Lohnerhöhung sowie die Einfrierung ihrer Krankenversicherungsbeiträge erkämpft. Ihr Vorbild hat LehrerInnen in anderen republikanischen Bundesstaaten zur Nachahmung ermuntert. In Tennessee und Oklahoma haben sie bereits angekündigt, dass sie ebenfalls streiken werden, falls sie keine Lohnerhöhung bekommen.

In den USA von Trump, die Steuereinsparungen und die das Aushungern des öffentlichen Dienstes zum Dogma gemacht haben, sind das Großereignisse. Sie zeigen, wie stark die Grasswurzelbewegungen geworden sind. Dass Widerstand auch unter den gegenwärtigen Machtverhältnissen möglich ist. Und dass die West Virginians ihren Verstand nicht komplett an Trump verloren haben.

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