Parteitag des Front National: Marketing à la Marine

Der neue Name Rassemblement National sollte die Rechten aus der Schmuddelecke holen. Doch schon droht Marine Le Pen juristischer Streit.

Marine Le Pen gestikuliert bei ihrer Rede auf dem FN-Parteitag

Neuer Name, aber sonst kaum Veränderung? Marine Le Pen beim Parteitag in Lille Foto: dpa

PARIS taz | Am Tag nach dem Parteitag hagelt es Spott auf den Front National: Auf Wunsch von Marine Le Pen soll die Partei nun Rassemblement National heißen. Es bleibt bei formellen Änderungen. Der Parteiname wechselt, die Parteichefin aber bleibt – et alors?

Hinter der beschriebenen Fassadenrenovierung der rechtsextremen Bewegung, die es bereits zwei Mal in die Stichwahl der französischen Präsidentschaftswahlen geschafft hat, verbirgt sich allerdings mehr als eine rein kosmetische Retusche. Der Politologe Jérôme Fourquet fand dafür in der französischen Tageszeitung Libération treffend den Begriff einer „Marketing-Operation“. Das heißt: Hinter Label, Etikett und Slogan steht jeweils eine Verkaufsstrategie.

Marine Le Pen ist zum Schluss gelangt, dass sie mit ihrer Partei alleine nie an die Macht kommen kann. Sie braucht dafür Alliierte, Koalitionspartner oder „nützliche Idioten“ (der Ausdruck wurde für die Intellektuellen verwendet, die in den 30ern Stalin bewundert haben). Ihre Ausgangslage unterscheidet sich heute grundsätzlich von den Gründungsjahren, als ihr Vater Jean-Marie Le Pen die Fraktionen der zersplitterten extremen Rechten (Alt- und Neofaschisten, royalistische Gegner der Republik, Kolonialisten, religiöse Integristen) zu einer Gruppe von Außenseitern vereint hatte.

Das Ziel dieser damals geächteten Verlierer der Geschichte war eine Revanche. Da diese angesichts der moralischen und politischen Isolation nicht in Griffnähe war, erschöpfte sich die Taktik in der Provokation, die bis heute das Markenzeichen von Jean-Marie Le Pen darstellt. Gefährlich war dieser FN des letzten Jahrhunderts, weil Elemente aus seinem Rassismus und Geschichtsbild trotzdem in der öffentlichen Meinung banal wurden und Platz in der Rhetorik anderer Parteien fanden.

Marine Le Pens „Entdiabolisierung“ hat nicht geklappt

Jean-Marie le Pens Nachfolgerin hält es demgegenüber für möglich, mit einem kaum veränderten Programm die Regierungsmacht zu erobern. Das allein macht sie schon um einiges gefährlicher. Ihre bisherige Strategie der „Entdiabolisierung“, die einen Bruch mit dem Vater und der ganzen Vergangenheit impliziert, brachte ihr indes über die eigene Wählerschaft hinaus keine Unterstützung ein. Bei den Präsidentschaftswahlen von 2017 konnte Marine Le Pen als Finalistin gegen Emmanuel Macron nur auf die externe Wahlempfehlung des Souveränisten Nicolas Dupont-Aignan zählen, und auch dieser zieht eine durchmischte Bilanz dieser „Allianz“ mit der FN-Kandidatin.

Wie der Begriff Rassemblement (Sammlung) besagt, möchte die rechtsextreme Partei ein wesentlich weiteres politisches Umfeld anziehen und so laut Marine Le Pens Aussage am Sonntag als „regierungsfähige“ Partei anerkannt werden. Als Vorbilder schweben ihr zweifellos die Beispiele der Lega in Italien vor.

In Frankreich ist die Situation anders, die extreme Rechte bleibt aufgrund der ganzen Parteigeschichte anrüchig und aus der Sicht einer Mehrheit der befragten Leute eine „Gefahr für die Demokratie“. Für die Konservativen (Les Républicains) wäre ein Bündnis mit der Le-Pen-Partei selbst nach dem Rechtsrutsch unter dem neuen Parteichef Laurent Wauquiez politischer Selbstmord.

Die angestrebte nationalistische Koalition mit der bürgerlichen Rechten von Wauquiez ist auch für Politikwissenschaftler Jérôme Fourquet bis auf Weiteres eine Illusion: „Für eine Heirat braucht es zwei. Die Rechte von Wauquiez hat wie die zuvor nicht die Absicht, dem Werben von Marine Le Pen (…) nachzugeben. Diese Partei (RN) ist eine einsame Kraft, sich mit ihr zu verbünden, kommt teuer zu stehen.“

Name schon vergeben?

Marine Le Pen scheint dagegen der Meinung zu sein, dass ein paar Abstriche im Programm oder im Auftreten – so der vorläufige Verzicht auf einen Austritt aus dem Euro oder der demonstrative Ausschluss von allzu kompromittierenden Rassisten – genügen, um als Partnerin für die nach rechts abdriftenden Konservativen attraktiv zu werden.

Aus juristischen Gründen könnte sich nun der Namenswechsel des FN in RN als nutzlos erweisen: Eine politische Splitterpartei, die sich auf das Erbe von Charles De Gaulle beruft, hat nach eigener Aussage den Namen „RN – Rassemblement National“ beim Marken- und Patentamt eingetragen und unter dieser Bezeichnung bereits an Wahlen teilgenommen. Ihr Parteiführer Igor Kurek verweigert der Le-Pen-Partei die Verwendung dieses von ihm gepachteten Namen und wirft Marine Le Pen „Dilettantismus“ vor.

Die Parteichefin will nach Medienberichten nun gegen die Splitterpartei vorgehen, der FN haben den Namen schon 1986 eintragen lassen. Ihr Vater Jean-Marie Le Pen bestätigte das – natürlich nicht, ohne ihr gleich noch eins mitzugeben: Die Namenswahl zeige einen „Mangel an Originalität“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.