Diskriminierung an Schulen: Antisemitismus nimmt zu

Eine Zweitklässlerin wird an einer Berliner Grundschule mit dem Tod bedroht. Unter Religionsvertretern und Politikern löst der Fall Besorgnis aus.

Ein Kind hält einen blauen Elefanten vor sein Gesicht

Auch die Kleinsten sind nicht vor Antisemitismus geschützt Foto: dpa

BERLIN taz | Der neuerliche antisemitische Vorfall an einer Berliner Grundschule hat bei Politikern und Vertretern verschiedener Religionen große Besorgnis ausgelöst. Die neue Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), hat Mobbing aus religiösen Motiven verurteilt.

Solche Bedrohungen hätten in unserer Gesellschaft nichts zu suchen, sagte sie am Gründonnerstag im SWR. „Religion ist keine Frage von Toleranz, das ist ein Grundrecht“, dies gelte es zu verteidigen.

Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir rief in einem Gastbeitrag in der Welt dazu auf, die Intoleranz unter Schulkindern zu bekämpfen: „Wer auf eine Schule in Deutschland geht, muss ohne Angst einen Davidstern um den Hals tragen können.“ Auch im Jahr 2018 müssten „wir weiter geschlossen gegen den Antisemitismus in unserem Land kämpfen“, der aufgrund der Zuwanderung auch in neuen Formen auftrete.

Özdemir warnte jedoch davor, Muslime pauschal als „Haupttäter“ religiös motivierter Diskriminierung gegenüber Juden zu betrachten.

Mit dem Tod bedroht, weil sie nicht an Allah glaubt

Seit Monaten kommt es verstärkt unter muslimischen Schülern zu antisemitischen Sprüchen und Drohungen. Im Fall der Berliner Grundschule soll eine Zweitklässlerin von muslimischen Mitschülern beschimpft und nach Aussagen ihres Vaters bei früheren Vorfällen auch mit dem Tod bedroht worden sein, weil sie nicht an Allah glaubt.

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Laut dem Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick sei der „weit verbreitete Antisemitismus“ für jüdische Kinder eine Alltagserfahrung. Von 1.000 jüdischen Bürgern hätten 70 Prozent angegeben, in der Schule oder am Arbeitsplatz entsprechende Erfahrungen gemacht zu haben. Zick forderte mehr Präventionsarbeit an Schulen.

Die Notwendigkeit dafür sehen auch religiöse Verbände. In den vergangenen Tagen äußerten sowohl Rabbiner als auch Imame ihre Sorge über zunehmende Konflikte zwischen muslimischen und jüdischen Schülern. Die Direktorin des American Jewish Committee (AJC) in Berlin, Deidre Berger, forderte am Donnerstag mehr Angebote für Lehrer und Beratungsstellen.

Der Zentralrat der Muslime hatte bereits Anfang der Woche gemeinsame Schulbesuche von Imamen und Rabbinern vorgeschlagen, um religiöse Intoleranz abzubauen. Dafür wolle der Zentralrat zehn Imame zur Verfügung stellen.

1.453 antisemitische Straftaten in 2018

Christliche Vertreter forderten Bürger auf, im Alltag entschieden gegen Antisemitismus einzutreten. Es müsse ganz klar sein, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, dass gerade in Deutschland der Antisemitismus „nie wieder salonfähig“ werden dürfe.

    Am Karfreitag protestierten beim traditionellen Kreuzweg in Lübeck hunderte Demonstranten gegen zunehmende Gewalt und Hass gegen Minderheiten in Europa und aller Welt. Bischöfin Kirsten Fehrs sagte dabei, es sei bedrückend, wie antisemitische Angriffe und Hass wieder zunehmen, auch in Deutschland.

    Im vergangenen Jahr zählten Polizeibehörden 1.453 antisemitische Straftaten – ähnlich hoch wie in den Vorjahren. Dass von einer Entwarnung keine Rede sein kann, hat nun auch der Bundestag festgestellt. Im Januar beschloss er, dass die Bundesregierung einen eigenen Beauftragten für Antisemitismus braucht.

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