Fall des vergifteten Ex-Agenten Skripal: EU stellt sich hinter Großbritannien

Griechenland und Österreich hatten gezögert, jetzt stellen sich die EU-Mitgliedsländer hinter Theresa May, die den Gift-Anschlag als russische Aggression wertet.

Theresa May schreitet im blauen Kostüm an Flaggen der EU-Mitgliedsstaaten vorbei

Theresa May hat die EU jetzt hinter sich Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Premierministerin May bekommt ihren Rückhalt: Die EU-Mitgliedsländer haben sich im Fall des vergifteten Ex-Agenten Sergej Skripal am Donnerstagabend klar hinter Großbritannien gestellt. Sie erklärten beim EU-Gipfel in Brüssel, es sei „höchst wahrscheinlich“, dass Russland für den Giftanschlag im britischen Salisbury verantwortlich sei. Es gebe keine andere plausible Erklärung. Damit hat sich der Europäische Rat zu einem schärferen Ton gegenüber Russland durchgerungen. Noch am Montag hatten die Außenminister der EU-Staaten mit einer eindeutigen Schuldzuweisung Richtung Moskau gezögert – unter anderem hatte Griechenland auf Zurückhaltung gepocht, auch Österreich hatte soviel Eindeutigkeit nicht gewollt.

So ist die gemeinsame Erklärung ein Erfolg für May. Sie war mit einer klaren Ansage zu den Beratungen im Brüsseler Europaviertel eingetroffen: Der Vorfall in Salisbury sei „Teil eines Musters russischer Aggression gegen Europa und seine nahen Nachbarn vom West-Balkan bis zum Nahen Osten“, erklärte sie bei ihrer Ankunft. Der ehemalige Doppelagent Sergej Skripal war am Nachmittag des 4. März mit seiner Tochter Julia auf einer Parkbank im südenglischen Salisbury gefunden worden. Bis heute sind Vater und Tochter in kritischem Zustand.

Großbritanniens Premierministerin hatte eine knappe Woche später vor dem britischen Parlament erklärt, das die beiden nach bisherigen Ermittlungen mit einem Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden seien. Dieses Nervengift wurde in der früheren Sowjetunion entwickelt. Auch ein Polizist war bei den Ermittlungen vergiftet worden, konnte aber am gestrigen Donnerstag das Krankenhaus verlassen, wie britische Medien meldeten.

Als ersten konkreten Schritt ruft die EU nun ihren Botschafter aus Moskau zu Konsultationen zurück, wie der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte nach den Beratungen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel bestätigte. In der russischen Hauptstadt leitet der gebürtige Münchner Markus Ederer seit Oktober 2017 die EU-Vertretung. Außerdem sollen sich Diplomaten zufolge auch mehrere Mitgliedsstaaten mit dem Gedanken tragen, ihre nationalen Botschafter aus Russland zurückzurufen oder gar russische Diplomaten auszuweisen.

Auch Merkel hält weitere Maßnahmen gegen Russland für möglich. Zunächst müsse jedoch die Bewertung durch die mit der Untersuchung beauftragte Chemiewaffenorganisation abgewartet werden. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) untersucht den Fall. Am Donnerstag urteilte ein britischer Richter, dass Ärzte Skripal und seiner Tochter Blut abnehmen dürfen, um es den Chemiewaffenexperten zur Untersuchung zu überlassen. (mit dpa)

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