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: Haltlosigkeit bei Ford Madox Ford und William Faulkner

Was tun, wenn die Ehefrau einen betrügt und auch sonst alles daransetzt, einen zu erniedrigen? Eine Scheidung kommt für Christopher Tietjens nicht infrage, also flieht er in den Weltkrieg, die Front dort erscheint ihm sicherer. In seiner Romantetralogie „Das Ende der Paraden“, einem wichtigen Werk der englischen Moderne, erschienen zwischen 1924 und 1928, verhandelt der englische Schriftsteller Ford Madox Ford den moralischen Verfall der britischen Gesellschaft, ihr Hadern mit dem Ende Halt gebender Konventionen.

Der Regisseur Klaus Buhlert hat die fragmentierte Erzählweise Fords (1873–1939), der mit Joseph Conrad befreundet war, für seine Hörspielbearbeitung gewinnbringend genutzt. Jens Harzer führt mit abgeklärt aufgeklärtem Ton durch die Geschichte. Die Figuren nehmen regelmäßig seine Gedankengänge wieder auf, mal in gesprochener Form, mal als dringlicher Sprechgesang in Musikstücken, die sich wie ein roter Faden durch das Hörspiel ziehen. Sie sind immer mit derselben New-Wave-Basslinie unterlegt und verdeutlichen nüchtern die Ausweglosigkeit, von denen die Figuren erzählen. Bibiana Beglau brilliert als niederträchtige Ehefrau, und Felix Goeser macht die hilflose Indifferenz Christopher Tietjens’ spürbar. Die Figuren sind kaum im Dialog, alle Kommunikation wird vom Erzähler gesteuert und moderiert, ihre emotionale Brache dadurch frappierend deutlich gemacht.

Auch Regisseur Walter Adler setzt in der Bearbeitung von William Faulkners „Licht im August“ auf die Wirkung eines Erzählers. Ulrich Matthes zeigt viel Gefühl für Faulkners lange, oft wie in Stein gemeißelte, an schroffer Schönheit kaum zu überbietende Sätze und auch für die emotionalen Belange der auftretenden Charaktere. Lena Grove, einer ledigen Schwangeren, die den Vater ihres Kindes sucht, verleiht Yohanna Schwertfeger eine entwaffnende Beharrlichkeit. Tom Schilling bringt die Ambivalenzen des Wanderarbeiters Joe Christmas markant zur Geltung. Diese Figur nimmt den meisten Raum im Roman ein; er ist sich seiner Rassenzugehörigkeit nicht sicher, verliert gegen seine Dämonen und wird zum Mörder.

Die unflätige Flatterhaftigkeit, die Marc Hosemann dem verantwortungslosen Kindsvater Joe Brown alias Lucas Bruch mitgibt, ist stimmig. Und die emotionale Zerrissenheit von Byron Bunch, einem Arbeiter im Hobelwerk, der Lena Grove verschweigt, dass er ihren Mann kennt, weil er sich in sie verliebt hat, macht Matthias Bundschuh durch minimale Changierungen in der Sprechweise kenntlich.

Die Hitzigkeit der von Rassismus und religiösem Fanatismus aufgeheizten Atmosphäre wird durch eine lebensechte Geräuschkulisse hörbar, unterstützt von der Musik Pierre Osers. Oser zitiert zeitgenössische Kompositionen, verortet sie aber klar in der heutigen Zeit und untermalt so die Zeitlosigkeit der von Faulkner verhandelten Themen. Sylvia Prahl

Ford Madox Ford: „Das Ende der Paraden“. Hörspiel, 7 CDs, 352 Minuten, Hörverlag, 2018

William Faulkner: „Licht im August“. Hörspiel, 8 CDs, 446 Minuten, Hörbuch Hamburg