Entführter Vietnamese Trinh Xuan Thanh: Hat die Slowakei geholfen?

Merkel trifft am Mittwoch den Ministerpräsidenten der Slowakei. Seine Regierung half womöglich bei Trinh Xuan Thanhs Entführung.

Trinh Xuan Thanh wird von zwei Uniformierten abgeführt

Der Entführungsfall hatte die deutsch-vietnamesischen Beziehungen stark belastet Foto: reuters

Am Mittwoch wird Kanzlerin Angela Merkel den slowakischen Ministerpräsidenten Peter Pellegrini mit militärischen Ehren empfangen. Die beiden dürften eine Menge zu besprechen haben, denn es gibt einen schwerwiegenden Verdacht: Die slowakische Regierung hat womöglich dabei geholfen, den im Juli 2017 in Berlin entführten vietnamesischen Geschäftsmann und Expolitiker Trinh Xuan Thanh aus der EU zu schmuggeln.

Die Frage, wie er damals von Berlin nach Hanoi gebracht wurde, ist bislang ungeklärt. Aufgeschreckt durch einen FAZ-Artikel hat das slowakische Innenministerium nun zugegeben: Vietnam bekam im fraglichen Zeitraum ein Regierungsflugzeug zur Verfügung gestellt. Offizieller Anlass war ein Arbeitstreffen zwischen dem vietnamesischen Minister für öffentliche Sicherheit, General To Lam, und dem damaligen slowakischem Innenminister Robert Kaliňák in der Hauptstadt Bratislava. Es fand am 26. Juli statt, drei Tage nach der Entführung.

Nach Darstellung des Innenministeriums wollte die vietnamesische Delegation ursprünglich nach Wien fliegen. Kurzfristig seien dann die Pläne geändert worden. Minister To Lam landete also kurz vor Mittag in Prag. In seiner Begleitung waren nach taz-Informationen Vizegeheimdienstchef Duong Minh Hung und zwei weitere Männer, darunter ein hochrangiger Polizeibeamter. Der Generalbundesanwalt ist überzeugt davon, dass Hung die Entführung koordiniert hat.

Damit To Lam es nach Prag schaffte und einen Folgetermin in Moskau nicht verpasste, habe die Slowakei eine Regierungsmaschine zur Verfügung gestellt, so das slowakische Innenministerium. Nach taz-Recherchen handelte es sich um einen Airbus A319, der am Morgen nach Prag geschickt wurde und am frühen Nachmittag wieder in Bratislava landete. Nur gut anderthalb Stunden später hob das Flugzeug wieder ab und flog nach Moskau. Mit dem Entführten an Bord, der dann nach Hanoi gebracht wurde?

Zu zweimal „lebenslänglich“ verurteilt

Das slowakische Innenministerium zeigte sich in einer Stellungnahme „ernsthaft besorgt“, dass das Treffen für einen kriminellen Zweck missbraucht worden sein könnte. Ex-Innenminister Kaliňák erklärte, dass der Name des entführten Vietnamesen nicht auf der Passagierliste gestanden habe.

Auch ihre Zeitangaben bringen die slowakische Regierung in Erklärungsnot: Laut Innenministerium hat das Arbeitstreffen im regierungseigenen Hotel Bôrik, an dem auch ein weiterer mutmaßlicher Entführer teilnahm, etwa zwei Stunden gedauert. Die Minister können aber nicht einmal eine Stunde miteinander geredet haben, denn allein die Fahrt vom Flughafen zum Hotel und zurück dauert zusammen knapp 40 Minuten.

Vor dem Hotel stand just zu dieser Zeit ein Mercedes Vito, den laut Ermittlern zwei Männer gefahren haben, die auch an der Entführung beteiligt waren. Der 47-jährige Long N. H., der den Transporter am Vortag in Prag angemietet haben soll, muss sich seit vergangener Woche vor dem Kammergericht Berlin verantworten. Ihm werden ausländische Agententätigkeit und Beihilfe zur Freiheitsberaubung vorgeworfen.

Trinh Xuan Thanh wurde in der Zwischenzeit in Vietnam wegen Wirtschaftsstraftaten zu zweimal „lebenslänglich“ verurteilt. Der Entführungsfall hatte die deutsch-vietnamesischen Beziehungen stark belastet. Ähnliches droht jetzt den Beziehungen zur Slowakei. Um über die Vorwürfe zu sprechen, hat das Auswärtige Amt nach taz-Informationen bereits am Freitag den slowakischen Botschafter in Berlin zu einem Gespräch gebeten.

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