Kommentar Mord an Hamas-Ingenieur: Israel ist nicht der schlimmste Feind

Die Hamas beutet die Ressourcen in Gaza für den Bau von Kriegsgerät aus. Dabei würde eine Abkehr von Gewalt ausreichen, um die Blockade zu beenden.

Zwei Männer halten ein Plakat mit einem Porträt von Fadi al-Batsch, daneben und dahinter mehrere Männer

Hamas-Anhänger tragen ein Porträt von Fadi al-Batsch vor dessen Wohnsitz im Norden des Gaza-Streifens Foto: Imago/Zuma Press

Er habe aus den Nachrichten von dem Mordanschlag erfahren, kommentierte Israel Verteidigungsminister Avigdor Lieberman den Tod des palästinensischen Ingenieurs Fadi al-Batsch am Wochenende. In Jerusalem übernahm niemand Verantwortung. Das ist so Usus. Immerhin räumt Lieberman ein, dass „Al-Batsch kein Heiliger war“.

Fadi al-Batsch war am Samstag in Kuala Lumpur auf dem Weg zu einer Moschee von zwei Männern auf einem Motorrad erschossen worden. Nach israelischen Medienberichten war der 35-Jährige, der seit acht Jahren mit seiner Familie in Malaysia lebte, Experte für Raketen- und Drohnenbau.

Fest steht, dass der Palästinenser der radikal-islamischen Hamas angehörte. Fest steht auch, dass Israel am Tod des Experten für Raketen- und Drohnenbau großes Interesse hatte. Die Operation, bei der ein Feind Israels auf offener Straße von zwei Männern auf einem Motorrad erschossen wird, trägt die Handschrift des Mossad.

Jahrelang setzte die Hamas im Kampf gegen Israel auf geheime Tunnel, durch die sie Terrorkommandos einschleust, um Anschläge zu verüben und um israelische Geiseln nach Gaza zu entführen – was nur ein einziges Mal klappte. Im Juni 2006 gelang den Islamisten ihr bislang größter strategischer Erfolg, als sie den Soldaten Gilad Schalit durch einen Tunnel verschleppten und erst Jahre später im Tauschhandel für über Tausend in Israel inhaftierte Hamas-Aktivisten wieder freigaben. Israels Sicherheitsapparat reagierte mit der Entwicklung elektronischer Sensoren und mit dem Bau einer unterirdirschen eisernen Mauer, die die Gefahr bannt. In der Konsequenz ändert die Hamas ihre Strategie, lässt vom Tunnelbau ab und konzentriert sich stattdessen verstärkt auf den Angriff mit Raketen und Drohnen.

Die Zivilbevölkerung zahlt den Preis

Unmengen an Geld und Beton, der Mangelware ist im Gazastreifen, flossen in den Bau der unterirdischen Gänge. Unmengen an Geld fließt nun in die Entwicklung moderner Technik für Luftangriffe. Anstatt in die Infrastruktur, zivilen Wohnraum, Krankenhäuser und Schulen zu investieren, nutzte die Hamas-Führung die kargen Ressourcen zur Vorbereitung auf den Krieg gegen Israel.

Die Zivilbevölkerung zahlt den Preis, auch bei den wöchentlichen Demonstrationen des „Großen Marschs der Rückkehr“, wo Dutzende Palästinenser mit offenen Armen auf die Scharfschützen zuliefen. Die Irreführung der Massen, die täglich mit dem Mantra gefüttert werden, dass allein Israel die Schuld an ihrer Not trägt, funktioniert.

Die Wahrheit ist, dass Israel zwar eine Mitverantwortung trägt, ohne Kooperationsbereitschaft der Hamas indes wenig ändern kann an der Notlage im Gazastreifen. Eine Abkehr von der Gewalt und vom Kampf gegen den jüdischen Staat würde ausreichen, um die Blockade zu beenden. Nur mit dem Terror aufzuhören, würde Kairo schon reichen, um die Grenze zu Ägypten wieder zu öffnen.

Der Gazastreifen hat reiche Gasvorkommnisse, kilometerlange Sandstrände, die touristisch erschlossen werden könnten, und genug Sonne, um die zwei Millionen Menschen autonom mit Strom zu versorgen, würde man nur in die entsprechende Technik investieren. Der schlimmste Feind für die Menschen in Gaza ist nicht Israel, sondern die Hamas.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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