Wolfgang Clements neue Funktion: Der neue Schlichter im Baugewerbe

Für viele eine überraschende Wahl: Der frühere Wirtschafts- und Arbeitsminister soll im festgefahrenen Tarifkonflikt eine Lösung finden.

Wolfgang Clement gestikuliert

Bekannt ist Clement auch für seine cholerischen Ausbrüche – passen die zu einem Schlichter? Foto: dpa

Der große Zampano ist wieder da. In den zurückliegenden Jahren war es in der Öffentlichkeit, zumindest für seine Verhältnisse, recht ruhig um Wolfgang Clement geworden. Nun kann der 77-Jährige wenigstens für zwei Wochen mal wieder dort stehen, wo er stets gerne gestanden hat: im Mittelpunkt. Als Schlichter soll der frühere Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit eine Lösung im festgefahrenen Tarifkonflikt im Baugewerbe finden. „Ich gehe mit ziemlicher Zuversicht in diese Schlichtung“, sagte Clement zum Auftakt der Verhandlungen am Montag in Berlin.

Dass sich die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mit den beiden Arbeitgeberverbänden der Bauwirtschaft, dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, auf Clement als Schlichter verständigt hat, überrascht auf den ersten Blick. Denn es ist schon ungewöhnlich, dass eine Gewerkschaft ihr Vertrauen auf einen fairen Interessenausgleich ausgerechnet auf den Kuratoriumsvorsitzenden des Arbeitgeberlobbyvereins Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft setzt.

Allerdings hat Clement bereits einige Erfahrung in dem Job. Nach der Abwahl der rot-grünen Bundesregierung 2005 und seinem damit verbundenen Abschied aus der aktiven Politik hat er sich bereits mehrfach als Vermittler zur Verfügung gestellt. Ein halbes Dutzend Mal versuchte er seit 2007, die Tarifparteien im Baugewerbe zu einer Einigung zu bewegen – überwiegend mit Erfolg.

Als Politiker fällt Clements Bilanz weniger positiv aus. 1970 in die SPD eingetreten, machte der gelernte Journalist zwar in der SPD eine steile Karriere, die ihn erst in das Amt des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten (1998 bis 2002) und letztlich in die Bundesregierung (2002 bis 2005) brachte. Doch als er 2008 aus der SPD austrat, fragten sich nicht wenige, warum er ihr überhaupt je angehört hatte.

Manche feierten ihn als „Macher“ und „Modernisierer“

Der zu cholerischen Ausfällen neigende Clement verkörperte jenen Typ des autoritären Biedermanns, der konservative Gesellschafts- mit neoliberalen Wirtschaftsvorstellungen verbindet. Zwar feierten ihn die Wirtschaftsverbände als „Macher“ und „Modernisierer“ – nur mit sozialdemokratischer Politik hatte sein stets hemdsärmeliges Agieren wenig zu tun.

Es ist keine böswillige Unterstellung, ihn mitverantwortlich für den dramatischen Abstieg der SPD zu machen. Von der radikalen Liberalisierung der Leiharbeit bis zu Hartz IV steht Schröders einstiger „Superminister“ für alle Sündenfälle, mit denen sich die Partei immer noch schmerzhaft herumschlagen muss. Bis heute ist Clement, der mittlerweile als FDP-nah gilt, fest davon überzeugt, alles richtig gemacht zu haben.

Sein Engagement als Bau-Schlichter könnte auch biografische Gründe haben: Clement wurde 1940 in Bochum als Sohn eines Maurers geboren, der es bis zum Baumeister gebracht hat. Genau vierzehn Tage hat der Ex-Politiker nun Zeit, auch diesmal wieder einen für beide Seiten tragfähigen Kompromiss zu finden. Sonst drohen Streiks.

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