Interview zu Investitionen im Haushalt: „Den großen Wurf sehe ich nicht“

Der Bund soll langfristige Investitionspläne festlegen, findet Steuerpolitk-Expertin Katja Rietzler. Vor allem die Kommunen müssten stärker unterstützt werden.

Ein Arbeiter flickt ein Schlagloch

So mancher Straßenbelag in Deutschland könnte eine Investition gut gebrauchen Foto: dpa

Der Haushaltsentwurf des Bundeskabinetts sieht einen Investitionsrückgang von 37,9 Milliarden 2019 auf 33,5 Milliarden Euro 2022 vor. Finanzminister Scholz (SPD) sagt hingegen: „Es wird mehr investiert“, manches würde im Entwurf lediglich anders verbucht. Was stimmt denn nun?

Katja Rietzler: In der Tat werden zum Beispiel Entflechtungsmittel (Bundesmittel zum Ausbau der kommunalen Verkehrsinfrastruktur) künftig anders verbucht. Das macht das Finanzministerium ja auch geltend. Aber da geht es nur um 3 Milliarden Euro bis 2020. Die fallen nicht besonders stark ins Gewicht.

Aber im Bildungsbereich und bei der Verkehrsinfrastruktur nimmt der Bund doch einige Milliarden Euro in die Hand.

Die Sprünge sind aber zum Teil nicht besonders groß. Nehmen wir die Verkehrsinvestitionen. Die sollen von 2019 bis 2022 von 14 auf 15 Milliarden Euro steigen. Im Vergleich zum steigenden Bruttoinlandsprodukt und zur Teuerungsrate ist das eher rückläufig. Den großen Wurf sehe ich da nicht.

Wie könnte man es besser machen?

Wir brauchen einen langfristigen Investitionsplan, der sich nicht nur nach der Kassenlage richtet. Allerdings haben wir den größten Investitionsstau nach wie vor auf der kommunalen Ebene. Der Bund hat hier zwar schon einiges gemacht, um die Kommunen finanziell zu unterstützen, aber vieles ist kurzfristig und unterdimensioniert.

Zum Beispiel?

Nehmen wir den Kommunalinvestitionsfonds. Die Mittel betragen insgesamt 7 Milliarden Euro für mehrere Jahre. Das entspricht aber lediglich in etwa dem Verschleiß der kommunalen Infrastruktur in einem einzigen Jahr.

ist Referentin für Steuer- und Finanzpolitik am gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung

Wo könnte der Bund noch helfen?

Er könnte die Kommunen noch stärker bei den Sozialausgaben unterstützen. Wir wissen, dass es bei den Kommunen einen engen Zusammenhang zwischen der Investitionsschwäche und einer hohen Belastung mit den Kosten der Unterkunft für Empfänger von Grundsicherung gibt. Auch beim Abbau von Kassenkreditbeständen – quasi Dispokredite für Kommunen – könnte der Bund helfen. Dafür wäre natürlich ein höheres Steueraufkommen nützlich. Stattdessen wird der Solidaritätszuschlag abgeschmolzen, was zehn Milliarden Euro im Jahr kostet – und wovon Besserverdiener am meisten profitieren.

Die deutsche Zurückhaltung bei Investitionen wird unter anderem vom Internationalen Währungsfonds kritisiert. Der fordert mehr Investitionen. Hält die Bundesregierung mit diesem Haushalt an dem wirtschaftspolitischen Dogma der Sparpolitik fest?

Wir haben in den vergangenen Jahren durchaus Mehrausgaben gesehen und auch bei der aktuellen Planung würde ich nicht von Sparpolitik sprechen. Man könnte aber andere Prioritäten setzen und sich stärker auf Investitionen fokussieren. Das wäre auf jeden Fall sinnvoller als die Fixierung auf das Dogma der schwarzen Null. Ganz besonders im Falle eines Konjunkturabschwungs wäre ein Festhalten an der schwarzen Null fatal.

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