Streit über Abschiebungen: CDU drängt SPD zu Asylzentren

Für seine Bemerkung über eine „Anti-Abschiebe-Industrie“ erntet Dobrindt (CSU) Kritik. Auch jenseits markiger Äußerungen sorgt das Thema für Streit.

ein Gebäude hinter einem Stacheldrahtzaun

Deutschland hinterm Zaun: Wer nicht als Flüchtling anerkannt wird, soll künftig direkt aus den Ankerzentren abgeschoben werden Foto: dpa

BERLIN dpa | Der teils gewaltsame Widerstand gegen eine Abschiebung in Ellwangen hat einen Streit über die Rechte von Flüchtlingen entfacht. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt übte in der Bild am Sonntag harsche Kritik an Unterstützern: „Es ist nicht akzeptabel, dass durch eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird.“

Widerspruch kam unter anderem von der SPD. Führender Unionspolitiker forderten eine Kürzung der Entwicklungshilfe für unkooperative Herkunftsländer. Die CDU rief die SPD-Länder dazu auf, bei den geplanten Ankerzentren mitzumachen.

Dobrindt sagte mit Blick auf Anwälte und Hilfsorganisationen, wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden.

Hintergrund sind die Vorfälle im baden-württembergischen Ellwangen, wo 150 bis 200 Flüchtlinge teils gewaltsam verhindert hatten, dass die Polizei einen Mann aus Togo aus einer Flüchtlingsunterkunft abholte. Der 23-Jährige wurde bei einem Großeinsatz doch gefasst, sitzt in Abschiebehaft und wehrt sich mit rechtlichen Schritten. Er soll nach Italien abgeschoben werden.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil warf der CSU am Sonntag durchschaubaren Populismus vor. „Da werden von Herrn Dobrindt dann mal eben grundsätzliche Elemente des Rechtsstaats in Frage gestellt.“

„CSU-Hetze via Sonntagszeitung“

Der Fraktionsgeschäftsführer der Linken, Jan Korte, sagte: „Zu der üblichen CSU-Hetze via Sonntagszeitung kommt jetzt, dass Alexander Dobrindt ein Problem mit dem Rechtsstaat hat.“ Jeder habe Anspruch auf ein faires Verfahren. Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte: „Mehr als 40 Prozent aller Klagen gegen die Ablehnung der Asylanträge und die Androhung der Abschiebung hatten im letzten Jahr vor Gericht Erfolg.“

Für Kürzung oder Entzug von Entwicklungshilfe nicht kooperierender Staaten plädierte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). „Wir können nicht auf der einen Seite Entwicklungshilfe bezahlen und auf der anderen nehmen diese Länder diese Leute nicht zurück“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte, Zahlungen an Zusammenarbeit zu knüpfen. „Unkooperatives Verhalten darf nicht durch Entwicklungshilfe begünstigt werden“, sagte er der Zeitung. Beide Politiker forderten zudem weniger Unterstützung für Asylbewerber.

„Es darf nicht mehr so sein, dass die Menschen sich das Land mit den attraktivsten Leistungen aussuchen können und dann regelmäßig nur nach Deutschland kommen“, sagte Kretschmer. Alle EU-Staaten sollten von Geld auf Sachleistungen umstellen.

CDU macht Druck auf die SPD

Angesichts des bisher geringen Länder-Interesses an den geplanten Asyl- und Abschiebezentren forderte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer die SPD-Führung auf, von der SPD mitregierte Länder zur Einführung zu bewegen. „Für die SPD stellt sich hier eine Führungsfrage“, sagte sie dem Tagesspiegel. Zweck dieser sogenannten Ankerzentren sei es, schnell festzustellen, wer eine Bleibeperspektive habe und wer nicht. Der SPD müsse klar sein: Es gehe um eine nationale Aufgabe.

Sachsen will in Kooperation mit dem Bund so ein Zentrum errichten. „Wir befinden uns in Gesprächen“, sagte Innenminister Roland Wöller (CDU) in Leipzig. Bisher hatten Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen Interesse bekundet. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verteidigte die Maßnahme. Sie schaffe schneller und „rechtsstaatlich einwandfrei“ Klarheit über den Schutzstatus, sagte er in Leipzig. „Und diejenigen, die schutzbedürftig sind, werden anschließend schneller über die Bundesrepublik verteilt und künftig hoffentlich auch in der Europäischen Union.“

Wer nicht als Flüchtling anerkannt wird, soll direkt aus den Zentren abgeschoben werden. Mehr als drei Viertel der Deutschen sind für diese Zentren, wie eine Umfrage des Instituts Civey für die Welt ergab.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.