Gedenken an KZ-Befreiung in Österreich: FPÖ-Auftritt wäre eine Demütigung

Jahrestag der Befreiung des KZs Mauthausen: Vertreter des rechtslastigen und antisemitischen Regierungspartei FPÖ sind nicht dabei.

ein alter Mann in KZ-Uniform salutiert

Das KZ überlebt: Der 93-jährige Ukrainer Igor Malitski am Sonntag in Mauthausen Foto: reuters

WIEN taz | Ohne Vertreter der Regierungspartei FPÖ hat am Sonntag die alljährliche Gedenkfeier im KZ Mauthausen statt gefunden. Ein Auftritt von Politikern der Rechtspartei wäre eine „erneute Demütigung“ der KZ-Überlebenden, so Willi Mernyi, der Vorsitzende des Mitveranstalters Mauthausen Komitee.

Auch Vertreter der jüdischen Gemeinde hatten wissen lassen, sie würden an keinen Veranstaltungen teilnehmen, wo FPÖ-Leute präsent wären. Das größte NS-Konzentrationslager auf österreichischem Boden war am 6. Mai 1945 befreit worden, zwei Tage vor der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht.

Dass sie am Freitag bei einer Weltkriegsgedenkveranstaltung im Parlament mit dabei sein durfte, bereitete der FPÖ-Ministerriege allerdings wenig Genugtuung. Neben Holocaust-Überlebenden war dort nämlich der Schriftseller Michael Köhlmeier als Festredner geladen, der seinen Auftritt nutzte, um den hochrangigen Politikern seine Meinung zu sagen.

Er warf der FPÖ, deren Funktionäre im Wochentakt durch antisemitische Postings oder NS-Verharmlosung auffallen, Heuchelei im Umgang mit den Juden vor. Zuletzt hatte der Wiener Abgeordnete Johann Gudenus in einem Interview von „stichhaltigen Gerüchten“ gesprochen, die die Verschwörungstheorie von Ungarns Premier Viktor Orbán stützten würden, der Milliardär George Soros sei an der Flüchtlingswelle schuld und wolle Europa mit Migranten überfluten.

Beschützerin der Juden

„Der Begriff des stichhaltigen Gerüchts'“, so Köhlmeier, „wird ins Wörterbuch der Niedertracht und Verleumdung kommen“. Unglaubwürdig sei es, wenn sich die FPÖ heute als Beschützerin der Juden aufspiele und gleichzeitig die rechtsextreme Zeitschrift Aula unterstütze, in der befreite KZ-Häftlinge als „Landplage“ bezeichnet wurden. „Zum großen Bösen kamen die Menschen nie mit einem Schritt. Nie“, warnte Köhlmeier vor gesellschaftlichen Entwicklungen, die er mit Sorge beobachtet.

Auch ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz, der sich bei jeder Gelegenheit rühmt, die Flüchtlingsroute über den Balkan geschlossen zu haben, bekam sein Fett weg. Zwar nannte er Kurz nicht beim Namen, doch wusste jeder, wer gemeint war, als er erinnerte: „Es hat auch damals schon Menschen gegeben, die sich damit brüsteten, Fluchtrouten geschlossen zu haben“.

Die FPÖ tobte

Das wollte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer auf seinem Chef nicht sitzen lassen. Es sei ihm wichtig klarzustellen, „dass eine Gleichsetzung der Politik gegen illegale Migration mit der Ermordung von sechs Millionen Juden völlig inakzeptabel ist.“ Die FPÖ tobte.

Fraktionschef Walter Rosenkranz und der jüdische FPÖ-Abgeordnete David Lasar warfen Köhlmeier Selbstgerechtigkeit vor. Er sei seit Jahren dafür bekannt, dass er seine „persönlichen und politischen Aversionen gegen die FPÖ bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit von sich gibt“.

Vor vier Jahren hatte der Vorarlberger Literat den damaligen EU-Abgeordneten Andreas Mölzer wegen Verhetzung angezeigt. Der hatte die EU mit dem „Dritten Reich“ verglichen und als „Negerkonglomerat“ bezeichnet.

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