Kommentar Atomdeal mit Iran: Die EU muss kämpfen

Mit dem Ausstieg aus dem Atomdeal fordert Trump auch die EU heraus. Denn das Abkommen war als Alternative zum Kriegskurs im Irak konzipiert worden.

Merkel und Trump weit auseinander

Mit Charme konnte Merkel nichts ausrichten bei Trump in Sachen Iran Foto: ap

Es ist der GAU der europäischen Außenpolitik. Ausgerechnet das Atomabkommen mit Iran – „die Krönung von 12 Jahren Diplomatie“, wie es die EU-Außenbeauftrage Federica Mogherini nennt – wird von US-Präsident Donald Trump mit einem Federstrich infrage gestellt.

Mit seinem Ausstieg stößt Trump nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron vor den Kopf, die sich bei ihm persönlich für den Atomdeal eingesetzt hatten. Er fordert die EU auch strategisch und wirtschaftlich heraus.

Denn das Abkommen war als Alternative zum Kriegskurs der USA in Irak konzipiert worden. Die Europäer wollten zeigen, dass man mit einer Mischung aus Sanktionen und Anreizen mehr erreichen kann als mit „Regime Change“ und Bomben. Der Iran sollte das Gegenbild zum Irak werden.

Dafür hat die EU ein umfassendes Freihandelsabkommen versprochen. Wenn die Mullahs in Teheran auf Atomwaffen verzichten, so der Deal, werden sie dafür mit Wirtschaftshilfe belohnt. Dahinter stand auch die Idee, politischen Wandel durch Handel zu fördern.

Was lässt sich tun?

Diese Grundpfeiler der europäischen Iran-Politik werden nun von den USA, aber auch von Israel, erschüttert. Die USA drohen mit neuen, scharfen Sanktionen, die auch europäische Unternehmen wie Airbus treffen dürften. Und Israel droht mit Krieg, wobei es nicht einmal so sehr um den Atomdeal geht, sondern um Syrien.

Gemeinsam wollen die USA und Israel den Iran, aber auch die EU in die Zange nehmen. Was lässt sich dagegen tun? Zunächst einmal sind die Europäer gut beraten, sich untereinander, aber auch mit Russland und China, die das Atomabkommen ebenfalls stützen, abzusprechen. Die roten Telefone laufen bereits heiß, auch mit Moskau.

Eine diplomatische Abwehrfront zu bilden, dürfte jedoch nicht reichen. Die EU muss auch versuchen, Iran bei der Stange zu halten, Israel von einem Krieg abzuhalten und die US-Sanktionen abzuwehren. Zumindest dürfen die Strafmaßnahmen in Europa keine Wirkung entfalten, denn sonst wäre der Handel mit Iran schnell am Ende.

Nötig ist eine gewaltige Kraftanstrengung, bei der die EU an drei Fronten kämpfen muss: Iran, Israel und USA. Es geht um eine Generalmobilmachung für den Frieden, und das unter Zeitdruck. Denn die US-Sanktionen kommen in wenigen Monaten, der Militäreinsatz Israels hat schon begonnen.

Für Charme ist es zu spät

Doch die Europäer sind schlecht vorbereitet. Sie haben weder das Zuckerbrot für Iran vorbereitet noch die Peitsche für Kriegstreiber vom Schlage eines John Bolton, der offen einen Regime Change in Teheran propagiert. Jetzt rächt es sich, dass die EU nicht rechtzeitig einen Plan T ausgearbeitet hat – für T wie Trump.

Die Charmeoffensive von Macron und Merkel im Weißen Haus hat nicht verfangen – jetzt ist es womöglich schon zu spät, um auf Gegenkurs zu gehen. Die Stunde der europäischen Außenpolitik hat geschlagen, aber unter äußerst ungünstigen Vorzeichen. Im Grunde sind wir wieder da, wo wir schon im Irakkrieg waren – nur schlimmer.

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Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog

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