Vier Mal verschärft

Erste Statistik zur Anwendung des „Gefährdergesetzes“

Das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) wurde schon einige Male reformiert. Im August 2017 brachte das sogenannte „Gefährdergesetz“ drei wichtige und hoch umstrittene Änderungen: Die Vorsorgehaft wurde entfristet, die elektronische Fußfessel und die Kategorie der „drohenden Gefahr“ eingeführt.

In ihrer Klage beim bayerischen Verfassungsgericht kritisierten die bayerischen Grünen, dass sich „die Neuregelungen nicht nur auf einen eng begrenzten Kreis tatverdächtiger Personen beziehen, sondern letztlich alle Bürgerinnen und Bürger von den neuen Befugnissen der Polizeibehörden betroffen werden können“.

Auf Nachfrage der taz legte das bayerische Innenministerium nun eine erste Statistik vor, wie oft die neuen Befugnisse tatsächlich genutzt wurden. So gab es vier Fälle längerfristigen Gewahrsams. Dabei wurden zwei somalische Flüchtlinge jeweils für einen Monat präventiv eingesperrt. Sie waren in betrunkenem Zustand mehrmals aggressiv gegen Mitbewohner und Sicherheitspersonal ihrer Unterkunft vorgegangen. Ein syrischer Islamist, dem ein Anschlag zugetraut wurde, musste zwei Monate in Gewahrsam, ein deutscher Islamist, der Drohungen gegen Behördenmitarbeiter ausgestoßen hatte, einen Monat.

In keinem Fall wurde die maximale Präventivhaft von drei Monaten angeordnet oder die Maßnahmen verlängert. Dem Syrer wurde nach Ende des Gewahrsams eine elektronische Fußfessel angelegt. Der deutsche Islamist wechselte wegen strafrechtlicher Vorwürfe in Untersuchungshaft, seit Kurzem wird er nur noch elektronisch überwacht.

Die präventive Überwachung mit Hilfe dieser Fußfessel wurde seit August 2017 vier Mal angewandt, darunter bei den bereits erwähnten Islamisten, die zuvor in Präventivhaft saßen.

In den beiden anderen Fußfessel-Fällen ging es um die Vermeidung von Beziehungstaten. Ein Kroate wird nach Angriffen auf seine Ex-Freundin seit über drei Monaten überwacht, so wie ein Deutsch-Italiener nach Gewalt und Drohungen gegen seine Ehefrau drei Monate überwacht wurde.

„In Bayern leben rund 13 Millionen Menschen. Da sind je vier Fälle in neun Monaten alles andere als häufig“, betonte ein Sprecher des Münchner Innenministeriums. Allerdings fällt auf, dass die Präventiv-Maßnahmen überwiegend bei Menschen mit Migrationshintergrund verhängt wurden.

Bemerkenswert ist, dass alle vier Fußfessel-Fälle mit der Kategorie der „drohenden­ Gefahr“ begründet wurden.­ „Die hätten wir sonst nicht mit der gleichen Konsequenz in den Griff bekommen“, sagt der Ministeriumssprecher. Präventivhaft darf in Bayern­ also nur bei einer konkreten Gefahr verhängt werden. Christian Rath