Mangelnder Klimaschutz der G7-Staaten: Jede Menge Kohle für die Industrie

Seit 2009 versprechen die G7-Staaten, Subventionen für Kohle, Öl und Gas zu streichen. Doch kein Land tut bisher genug gegen den Klimawandel.

Ein Arbeiter vor einem Braunkohlebagger

Gefährdet das Weltklima: Braunkohleabbau im Tagebau Garzweiler Foto: dpa

BERLIN taz | Es ist der Dauerbrenner der G7-Gipfel: „Wir wiederholen die Verpflichtung, ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe, die deren Verschwendung fördern, bis 2025 auslaufen zu lassen“, erklärten die Staats- und Regierungschefs der sieben größten Industrieländer 2017 bei ihrem letztem Treffen in Rom.

Seit 2009 versprechen die Regierungen ein Ende der Beihilfen für Kohle, Gas und Öl. Auch beim Treffen in Kanada wird der Ausstieg wieder auf der Tagesordnung stehen. Aber immer noch stecken die gleichen Regierungen jedes Jahr direkt oder indirekt etwa 100 Milliarden Dollar an Steuergeld in die Industrie, die am stärksten zum Klimawandel beiträgt.

Wie weit die Staaten mit ihrem Versprechen gekommen sind, diese Umweltzerstörung mit öffentlichen Geldern zu beenden, wusste bisher niemand – es fehlen offizielle Zahlen. Die hat jetzt für die Jahre 2015/16 eine Al­lianz von Umwelt- und Entwicklungs­instituten errechnet. Beteiligt waren das britische ODI, der US-Verband NRDC, die Experten von Oilchange International und das kanadische IISD. Ihre Bilanz: „81 Milliarden fiskalische Unterstützung durch direkte Zahlungen und Steuererleichterungen, 20 Milliarden durch öffentliche Finanzen wie Kredite oder Garantien“.

Die Studie „G7 Fossil Fuel Subsidy Scorecard“ erstellt eine Rangfolge der großen Industrieländer, die beim Subventionsabbau allerdings eher die sieben Zwerge sind: „Kein Land bekam eine gute Note“, heißt es in der Studie. „Jedes G7-Land ist dem ernsthaften Risiko ausgesetzt, seine Verpflichtungen nicht zu erfüllen.“ Der Klassenbeste ist Frankreich mit 63 von 100 möglichen Punkten, direkt gefolgt von Deutschland mit 62. Danach kommen Kanada, Großbritannien, Italien, Japan und die USA.

Alle sieben Staaten haben die Suche und die Förderung von Öl und Gas auch nach der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens weiter finanziert – obwohl sie sich dort rechtlich bindend verpflichtet haben, ihre CO2-Emissionen zur Mitte des Jahrhunderts auf null herunterzufahren.

Aus nur für ineffiziente Subventionen

„Wir haben konservativ gerechnet“, sagt Shelagh Whitley vom Overseas Development Institute ODI, eine der Autorinnen, zur taz. Es gebe auch gute ­Nachrichten: So haben Kanada, Frankreich und Italien das Ende der Subventionen für Kohle angekündigt. Kanada, Frankreich, Großbritannien und die USA wollen auch im Ausland keine Investitionen in Kohle mehr finanzieren – auch wenn das mit Blick auf die USA unter Präsident Trump unklar ist.

Ein „Schlupfloch“ nennt Whitley die Einschränkung, dass nur „ineffiziente“ Subventionen gestrichen werden sollen. Damit sollten Zahlungen geschützt werden, die Armen bei hohen Energiepreisen helfen oder einen Strukturwandel wie nach dem Ende der Kohleförderung etwa im Ruhrgebiet abfedern sollen. Aber da eine allgemeine Definition solcher „ineffizienten“ Zahlungen fehlt, kann jeder sie nutzen, wie es ihm passt. Die Bundesregierung etwa definiert als „ineffizient“ nur die Beihilfen für den Steinkohlebergbau – die laufen Ende 2018 ohnehin aus.

Deutschland bekommt Lob für seine Transparenz, seine Ziele und seine Anstrengungen, aus den Zahlungen für die Öl- und Gasproduktion auszusteigen. Schlechte Noten kriegt die Bundesregierung allerdings bei den Subven­tionen für Diesel, bei Beihilfen für alte Kohlekraftwerke und für die Ausnahmen für die energieintensive Industrie bei Steuern und Abgaben.

Insgesamt etwa 35 Milliarden Euro an Steuergeld fließen in die fossilen Brennstoffe, fand eine Studie von ODI und dem „Forum Ökologisch-Soziale Steuerreform“ (FÖS) im letzten Jahr. Nach Berechnungen des Umweltbundesamts belaufen sich (Stand 2015) insgesamt die „umweltschädlichen“ Subventionen in Deutschland auf etwa 57 Milliarden Euro.

Die Experten empfehlen den G7-Staaten, eigene Fahrpläne zur Beendigung ihrer Subventionen bis 2025 aufzustellen und ab 2019 diese Pläne untereinander zu bewerten. Und sie raten dringend, mit dem Geld für eine Energiewende nicht die fossilen Industrien zu päppeln, sondern es für einen „gerechten Übergang und für verletzliche Gemeinden und Haushalte“ zu reservieren. Das könnte an die gerade eingerichtete deutsche „Strukturkommission“ gerichtet sein, die über das Ende der Braunkohle entscheiden soll.

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