Bürgerschaftswahl in Hamburg: Ist Schwarz das neue Grün?

In Hamburg spricht vieles für eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition. Vor allem die Sozialdemokraten haben aber auch andere Optionen.

Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister in Hamburg und Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl, in einem Fernsehstudio.

Der bisherige Bürgermeister will auch der neue sein: Peter Tschentscher von der SPD Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Für Peter Tschentscher ist die Fortsetzung der rot-grünen Koalition eine „naheliegende“ Option. Doch festlegen möchte sich der Hamburger SPD-Bürgermeister vor der Wahl am Sonntag nicht. Und auch der grüne Koalitionspartner hat nur „eine Präferenz“ für die Fortsetzung des Bündnisses mit der SPD. Nicht mehr, nicht weniger.

Das Kalkül der SPD ist klar. Sie will um fast jeden Preis Tschentscher als Bürgermeister durchsetzen. Als um die Jahreswende herum Rot und Grün in allen Umfragen Kopf an Kopf lagen, entstand in Teilen der SPD der Plan, den Bürgermeister mit einer „Deutschlandkoalition“ mit CDU und FDP zu retten, falls die Grünen am Wahlabend vorne lägen und ihre Spitzenkandidatin, Katharina Fegebank, Anspruch auf das Amt erheben würde.

Die Idee stieß auf Gegenliebe: Auch die CDU machte der SPD eifrig Avancen, um nicht ganz ohne Machtoption in die Wahl zu ziehen. Und die FDP zeigte sich zu allem bereit, was sie an die Tröge der Macht führen würde.

Doch dann wurde in Thüringen der FDP-Kandidat mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt und das Land stürzte in eine noch immer andauernde politische Krise – mit Auswirkungen auf den Wahlkampf in Hamburg.

Die SPD baut eine Drohkulisse auf

Die FDP muss inzwischen um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen, und die SPD profitiert von dem politischen Klimawandel so stark, dass es nach den neuesten Umfragen schon gemeinsam mit der CDU zu einer Mehrheit reichen könnte – vorausgesetzt, die Liberalen bleiben außen vor. „Rot-Grün oder Große Koalition?“, lautet nun die Frage in Hamburg. Doch Letzteres ist vor allem Drohkulisse, falls die Grünen bei Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten zu selbstbewusst und fordernd auftreten.

Am 23. Februar wird in Hamburg die Bürgerschaft gewählt. Laut Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen vom 14.02.2020 im Auftrag des ZDF würden 37 Prozent der Hamburger:innen SPD wählen, 25 Prozent Grüne, 13 Prozent CDU, 8 Prozent die Linkspartei und 7 Prozent die AfD. Die FDP wäre mit 4,5 Prozent nicht in der Bürgerschaft vertreten.

Den Grünen hingegen zerbrach in den vergangenen Wochen eine Option nach der nächsten. Die Zeiten, in denen die Partei hoffen konnte, am Wahlabend vor der SPD zu liegen, sind laut Umfragen vorbei – die Sozialdemokraten haben derzeit mehr als 10 Prozentpunkte Vorsprung.

Und als die Grünen in Richtung CDU und FDP schielten, um mit ihnen Fegebank zur Bürgermeisterin zu küren, falls die SPD die Nase vorne hätte, erhielten sie eine Abfuhr vom CDU-Spitzenkandidaten Marcus Weinberg. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete gilt eigentlich als sehr grünenaffin. Vor einigen Wochen überraschte er aber mit der Aussage, er würde eine Koalition mit SPD und FDP einem Bündnis mit Grünen und FDP deutlich vorziehen.

Die Grünen haben somit nur eine Machtoption: die Fortsetzung der bisherigen Koalition. Da sie ihr Ergebnis der letzten Bürgerschaftswahl von 12,3 Prozent auf etwa 25 Prozent vermutlich verdoppeln, rechnen sie sich in der nächsten Koalition mehr Gestaltungsmöglichkeiten und SenatorInnenposten aus. Damit rechnet auch die SPD. Und nur falls die Grünen zu übermütig werden sollten, steht die Option Große Koalition im Raum.

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