Der neue Held der Neonazis

Das milde Urteil für André Eminger, den engsten Unterstützer der NSU-Terroristen, begeistert die Rechten

Aus München Konrad Litschko
und Andreas Speit

Es schien, als könnte André Eminger sein Glück nicht fassen. Reihum hatte Richter Manfred Götzl am Mittwoch das Strafmaß der fünf Angeklagten im NSU-Prozess verkündet. Dann kam der 38-Jährige an die Reihe: zweieinhalb Jahre Haft, die geringste Strafe. Auf der Empore brachen angereiste Neonazis in Jubel aus, klatschten. Eminger aber drückte nur fest die Hand seiner Frau. Mit dieser Milde hatte er wohl selbst nicht gerechnet.

Das Strafmaß für Eminger war die große Überraschung bei der Urteilsverkündung im NSU-Prozess am Mittwoch. Und sie hallt nach. Denn Eminger war die engste Bezugsperson des abgetauchten Trios Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe. Er half ihnen bis zum Schluss im November 2011. Die Bundesanwaltschaft hatte für Eminger denn auch zwölf Jahre Haft gefordert – und ihn im September wegen Fluchtgefahr in U-Haft nehmen lassen. Und nun das: zweieinhalb Jahre. Und am Ende des Prozesstags hob Richter Götzl auch den Haftbefehl von Eminger auf. Der verließ das Gericht als vorerst freier Mann.

Im Prozess hatte Eminger als Einziger der Angeklagten bis zum Schluss geschwiegen. Aus seiner Gesinnung aber machte er kein Hehl. Von oben bis unten mit Nazi-Tattoos übersät, erschien er im Prozess mal mit Pullover mit Sturmgewehr, mal mit „Brüder schweigen“. Nach dem Prozesstag zog es ihn zu einem Pegida-Aufzug in München oder er besuchte ein rechtsex­tremes Großkonzert im thüringischen Themar.

„Wir sind nicht nur enttäuscht, sondern auch wütend über das Urteil“, erklärten noch am Mittwochabend 22 Anwälte von Angehörigen der NSU-Opfer. Die geringe Strafe für Eminger sei für die Hinterbliebenen „unerträglich“. Auch auf den Demonstrationen für weitere Aufklärung, die am Abend der Urteilsverkündung bundesweit stattfanden, wurde scharfe Kritik laut. Die Strafe für André E. sei eine Verharmlosung des Rechtsterrorismus, sagte eine Rednerin in München.

Der Strafsenat aber sah die Anklagevorwürfe gegen Eminger als nicht ausreichend nachgewiesen an. Im Verfahren blieb offen, inwieweit dieser wissentlich involviert war in die Planung und Durchführung der Morde und Bombenanschläge. Die Anmietung von Wohnmobilen, die Mundlos und Böhnhardt bei Banküberfällen nutzten, konnte ihm vorgehalten werden. Unstrittig ist auch, dass er jenes Fahrzeug organisierte, das die beiden nutzten, um eine Bombe in einem Kölner Laden zu deponieren. Unklar, so Götzl, blieb jedoch, ob Eminger wusste, was das Trio genau geplant hatte.

Deshalb wurde Eminger am Ende nur für minderschwere Hilfeleistungen verurteilt und nicht etwa für Waffenübergaben, wie andere Angeklagte.

Die rechtsextreme Szene aber hat ihren Helden. Während der fünfjährigen Dauer des Prozesses hatte sie Eminger unterstützt, genauso wie den früheren NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. „Freiheit für Wolle und André“, posteten mehrere Szene-Websites noch kurz vor der Urteilsverkündung. Nun dürfte die Szene feiern.