Ermittlungen gegen private Seenotretter: Italien verschärft Gangart

Laut „Spiegel“ geht Italiens Justiz auch gegen Mitglieder der Besatzung des Rettungsschiffes „Iuventa“ vor. Drei NRW- Städte erhalten viel Lob für ihre Aufnahmebereitschaft.

Das Seenotrettungsschiff „Iuventa“

Die „Iuventa“ war bereits im vergangenen Sommer von italienischen Behörden beschlagnahmt worden Foto: imago/Italy Photo Press

BERLIN/DÜSSELDORF/HAMBURG afp/dpa/epd | Italien geht einem Medienbericht zufolge verschärft gegen private Seenotretter vor. Die Staatsanwaltschaft im sizilianischen Trapani habe Ermittlungen gegen mehr als 20 Helfer wegen des Verdachts der Unterstützung illegaler Migration nach Italien aufgenommen, berichtet der Spiegel. Betroffen sind demnach Mitglieder der Organisationen „Ärzte ohne Grenzen“ und „Save the Children“. Zehn der Beschuldigten hätten zur Besatzung des Rettungsschiffes „Iuventa“ des Berliner Vereins „Jugend rettet“ gehört, hieß es weiter.

Die „Iuventa“ war bereits im vergangenen Sommer von italienischen Behörden beschlagnahmt worden. Zuvor hatte das Schiff bei Hilfseinsätzen im Mittelmeer Flüchtlinge aufgenommen. Die Ermittler in Trapani verdächtigen die Retter laut Spiegel, mit libyschen Schleusern zusammengearbeitet zu haben.

Die neue italienische Regierung wehrt sich seit Wochen gegen die Aufnahme geretteter Flüchtlinge. So untersagte Innenminister Matteo Salvini von der fremdenfeindlichen Lega-Partei zunächst Schiffen von Nichtregierungsorganisationen mit Flüchtlingen sowie auch Schiffen internationaler Missionen das Einlaufen in italienische Häfen. Zuletzt drohte Rom, diese auch für die EU-Marinemission „Sophia“ sperren zu wollen.

Deutscher Städtetag lobt OberbürgermeisterInnen

Die Bereitschaft der Städte Bonn, Düsseldorf und Köln, über das Mittelmeer geflohene Flüchtlinge aufzunehmen, ist auf ein positives Echo gestoßen. Der Deutsche Städtetag lobte die Aktion der drei Oberbürgermeister. „Solange Menschen auf der Flucht im Mittelmeer sterben, muss es intensive politische Anstrengungen geben, dieses Drama zu lösen“, sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin, Verena Göppert. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, dankte den Kommunen.

„Ich bin dankbar, dass durch diese Initiative die Diskussion um eine humane Flüchtlingspolitik in Deutschland belebt wird“, sagte Rekowski am Freitag in Düsseldorf. Er würdigte die deutlichen Worte der Oberbürgermeister zur Bedeutung der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer. Rekowski, der auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, war Mitte Juli für drei Tage auf Malta. Er machte sich dort ein Bild von der Lage der derzeit an ihrem humanitären Einsatz gehinderten Seenotrettungsorganisationen und bekundete zugleich Solidarität mit den Helfern.

„Ich hoffe, dass die Stimmen vom Rhein gehört werden und die Rettungsschiffe sowie das Aufklärungsflugzeug ‚Moonbird‘ unverzüglich und ungehindert im Mittelmeer wieder tätig werden können“, sagte Rekowski zum Appell der Oberbürgermeister. Zudem sprach sich der rheinische Präses für einen grundsätzlichen Wechsel in der europäischen Migrations- und Asylpolitik aus.

Die Vertreterin des Städtetags sagte: Der Städtetag halte es für eine „große Geste, dass die Städte Köln, Düsseldorf und Bonn ein Signal für Humanität, für das Recht auf Asyl und für die Integration Geflüchteter setzen wollen“. Ob auch andere Städte dem Beispiel folgen sollten, könne nur vor Ort entschieden werden.

Pro-Seenotrettung-Demo in Hamburg

Auch der Flüchtlingsrat NRW lobt die Bereitschaft der Städte Bonn, Düsseldorf und Köln, über das Mittelmeer geflohene Flüchtlinge aufzunehmen. „Es ist ein gutes politisches Signal, wenn Städte sich dazu bekennen, für Seenotrettung und Flüchtlingsschutz einstehen zu wollen“, sagte die Geschäftsführerin Birgit Naujoks der Tageszeitung Die Welt. „Es zeigt, dass es mit der Abschottung nicht weitergehen muss, sondern auch ein anderer Kurs denkbar ist.“ Sie hoffe, dass sich auch andere Gemeinden zu Wort meldeten und ihre Bereitschaft erklärten, Flüchtlinge aufzunehmen.

Birgit Naujoks, Flüchtlingsintiative NRW

„Es zeigt, dass es mit der Abschottung nicht weitergehen muss, sondern auch ein anderer Kurs denkbar ist“

In Hamburg wird am Sonntag das Bündnis „Seebrücke“ für die Seenotrettung auf dem Mittelmeer demonstrieren. Am Tag der Seenotrettung sollten möglichst viele auf die Straße gehen, denn immer noch würden internationale Rettungsboote daran gehindert, Ertrinkende auf der Flucht übers Mittelmeer zu retten, heißt es in einem Aufruf. „Wir fordern die Hansestadt Hamburg auf, ein sicherer Hafen für Menschen auf der Flucht zu werden!“ Teilnehmer sollen Kleidung in Orange tragen und Blumen mitbringen, die zum Gedenken an die Ertrunkenen abgelegt werden sollen. Start ist um 15 Uhr an den St. Pauli Landungsbrücken.

Unter dem Motto „Seebrücke – Schafft sichere Häfen!“ finden bereits den ganzen Sommer über Protestveranstaltungen statt. An diesem Wochenende soll es etwa eine politische Kunstaktion in Leipzig, einen Flashmob in Detmold und eine Kundgebung in Lörrach geben.

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