Muslimischen Minderheiten in China: Eine Million Uiguren festgehalten

China geht mit zunehmender Härte gegen Muslime vor. Die UN sprechen von einem Internierungslager. Die Staatsmedien nennen ein „kompliziertes Thema“.

Menschen mit hellblauen Flaggen mit weißem Halbmond

Demo in Berlin vor dem Bundeskanzleramt für eine Verbesserung der Situation der Uiguren in China Foto: dpa

GENF/PEKING/WEIZHOU dpa/afp | In China werden nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als eine Millionen Uiguren in Lagern festgehalten. Diese Angehörigen der ethnischen Gruppe seien in sogenannten Anti-Extremismus-Lagern untergebracht, berichtete am Freitag des UN-Komitee zur Bekämpfung von Rassen-Diskriminierung in Genf.

Es gebe Berichte, dass weitere zwei Millionen Uiguren und andere muslimische Minderheiten in politische Umerziehungszentren gebracht wurden, sagte Komitee-Vorsitzende Gay McDougall. Die meisten von ihnen seien nie konkret angeklagt oder auch verurteilt worden. Mit der Verfolgung der Uiguren und anderer muslimischer Minderheiten sei die Autonome Region der Uiguren in „eine Art massives Internierungslager“ umgewandelt worden.

Die Uiguren sind ein den Türken eng verwandtes muslimisches Volk, das mit den Chinesen weder ethnische noch kulturelle Verbindungen hat. Die chinesische Kommunistische Partei geht seit jeher mit massiven Repressalien gegen die uigurische Unabhängigkeitsbewegung vor.

Seit 2016 sollen sich Unterdrückung und Überwachung gravierend verschärft haben. So sollen mehrere hundert Arbeitslager gebaut worden sein. Menschenrechtsorganisationen gehen von routinemäßigen Menschenrechtsverletzungen aus. Beklagt werden Folter, Misshandlungen und Indoktrination.

20 Millionen Muslime in China

Chinas Staatsmedien bestätigten schon vor Wochen, dass in Xinjiang fast eine halbe Million Menschen allein im ersten Quartal des Jahres umgesiedelt worden seien, „um die soziale Stabilität zu verbessern“.

Erst am Samstag hatten in China hunderte Hui-Muslime erfolgreich gegen den Abriss einer Moschee protestiert. Behörden planten demnach den Abriss von Teilen des vor einem Jahr fertiggestellten Gebäudes, was mit einer fehlenden Baugenehmigung begründet wurd. Seit Donnerstag hatten sich die Demonstranten vor dem islamischen Gotteshaus in der Stadt Weizhou in der Region Ningxia versammelt, wie Anwohner berichteten. Am Samstagmittag sei schließlich ein Behördenvertreter erschienen und habe aus einem Dokument vorgelesen, dass der Abriss verschoben sei. Anschließend verließen viele Demonstranten den Ort.

Zahlreiche Protestteilnehmer waren nach Angaben von Anwohnern aus hunderte Kilometer entfernten muslimischen Regionen nach Weizhou gekommen, um sich an dem Protest zu beteiligen und um den Teilnehmern etwas zu Essen zu bringen. Hunderte Sicherheitskräfte seien gekommen, um die Umgebung abzusichern. Proteste wie dieser sind in China selten.

In dem Land leben mehr als 20 Millionen Muslime. Die beiden größten Gruppen sind die Minderheiten der Hui und der Uiguren mit jeweils rund zehn Millionen Angehörigen.

„China ist ein multiethnisches Land, was den Umgang mit religiösen Themen sehr kompliziert macht“, schrieb die chinesische Staatszeitung Global Times am Samstag in einem auf dem Kurznachrichtendienst Twitter verbreiteten Kommentar. Nationale Interessen als Ganzes und die spezifischen Bedürfnisse verschiedener Religionen, seien nicht mit „hundertprozentiger Genauigkeit“ zu vereinbaren.

Wirtschaftlich, politisch und kulturell unterdrückt

Die Region Xinjiang im Westen des Landes, wo die Uiguren beheimatet sind, gilt als Konfliktherd. Nach blutigen Unruhen 2009 und einer Reihe von Terroranschlägen gehen die Sicherheitskräfte scharf gegen die Minderheit vor. Das Turkvolk fühlt sich wirtschaftlich, politisch und kulturell von den herrschenden Chinesen unterdrückt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten sich die Kommunisten das frühere Ostturkestan als autonom verwaltete Region einverleibt.

Vergangene Woche wurde bekannt, dass deutsche Behörden einen uigurischen Asylbewerber wegen einer bürokratischen Panne trotz laufenden Verfahrens nach China abgeschoben haben.

Der 23-Jährige wurde am 3. April in ein Flugzeug nach Peking gesetzt, obwohl über seinen Asylfolgeantrag noch nicht entschieden war. Das ging aus der Antwort des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Margarete Bause (Grüne) hervor.

Bause kritisierte den Fall als „skandalösen Fall von Behördenversagen“. Das Auswärtige Amt müsse den Mann finden und zurückzuholen. „Es geht um Leben und Tod“, sagte Bause.

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