Kolumne Geht’s noch?: Homos heilen

Der Papst meint, dass Psychologen Kindern die Homosexualität austreiben könnten. Absurd? Ja. Aber: Es geht immer noch schlimmer.

Eine Zeichnung zeigt einen Mann, der sich an die Stirn fasst

Das Geschwurbel des Papstes tut so weh Illustration: TOM

Zentrales Einstellungskriterium als MitarbeiterIn in der Vatikan-Öffentlichkeitsarbeit scheint zu sein, besser nachvollziehen zu können, was im Kopf des Papstes vorgeht, als dieser selbst. So begründete eine Sprecherin in dieser Woche, Äußerungen des Pontifex für ein offizielles Statement geändert zu haben, um seinen eigentlichen „Gedankengang (…) nicht zu verfälschen“.

Auf dem Rückflug von einem Besuch in Irland hatte Franziskus den anwesenden Journalisten gesagt, Eltern homosexueller Kinder sollten psychiatrische Hilfe für den Nachwuchs erwägen. Im Wortlaut: „In welchem Alter zeigt sich diese Unruhe des Kindes? Das ist wichtig. Eine Sache ist, wenn es sich als Kind zeigt, wenn es so viele Dinge gibt, die man tun kann mit Psychiatrie (…).“ Gerade bei den Jüngsten ließe sich „noch vieles machen, mit der Psychiatrie, etwa um zu sehen, wie die Dinge sich verhalten“.

Dieses kryptische Geschwurbel strich der Vatikan in einer offiziellen Mitschrift glatt. Und da das Wörtchen „Psychiatrie“ verdrehe, was der Papst eigentlich meine, so die Sprecherin, sei es nun ganz verschwunden. Na, immerhin sorgt ein Papst-Statement, das impliziert, Homosexualität könnte und sollte man wegtherapieren, im Vatikan mittlerweile für Krisenkommunikation. Wirklich funktioniert hat die allerdings nicht.

Hexen und Teufel

Mit seinem Statement im Flieger unterstützte Franziskus, ob beabsichtigt oder nicht, sogenannte Konversionstherapien, in denen selbsternannte Homoheiler ihren Patienten homoerotische Bilder zeigen und gleichzeitig Elektroschocks verabreichen.

Diese völlig absurden Umpolungsversuche, die klingen, als kämen sie aus einer Zeit, in der auch Hexen verfolgt und Teufel ausgetrieben wurden, sind hierzulande und in fast allen anderen EU-Ländern nach wie vor völlig legal.

Noch im vergangenen Jahr sprach sich das Bundesgesundheitsministerium gegen ein Verbot aus, obwohl die „Heiler“ gezielt um Jugendliche warben und der Weltärzteverband die Praxis als „schädlich“ einstufte. Jens Spahn (CDU) kündigte jetzt immerhin an, sich für ein Verbot einzusetzen. Eine konkrete Initiative gibt es aber nicht. So dringend scheint es dann doch nicht zu sein.

So ist das Papst-Zitat nicht nur ein weiterer bedauerlicher Beweis für das Ewiggestrige der katholischen Kirche – es zeigt auch, dass die Bundesregierung ihr in diesem Aspekt in nichts nachsteht.

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Jahrgang 1992, Politik- und Anglistikstudium in Bonn, danach Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München. Seit 2018 im Onlineressort der taz.

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