Inflation in Venezuela: Neuer Bolivar mit fünf Nullen weniger

Präsident Maduro führt eine neue Währung ein. Aber solange er den Haushalt über die Notenpresse finanziert, wird die Inflation nicht enden.

Eine Frau hält einen Geldschein in der Hand

Skeptischer Blick auf die neue Währung Foto: dpa

BUENOS AIRES taz | Es sind dramatische Zahlen: Auf mehr als eine Million Prozent schätzt der Internationale Währungsfonds die aktuelle Inflationsrate in Venezuela. Für einen Dollar mussten auf den Schwarzmarkt zuletzt knapp 6 Millionen Bolívar fuerte gezahlt werden. Künftig werden zumindest die Zahlen etwas übersichtlicher. Denn Präsident Nicolás Maduro ließ zu Beginn dieser Woche fünf Nullen streichen. Eine Million Bolívar fuerte (starker Bolívar) sind künftig 10 Bolívar soberano (souveräner Bolívar). Am Dienstag wurde mit der Ausgabe der neuen Scheine begonnen.

Die Maßnahme ist Teil einer Reihe von Reformen, die der Präsident am Wochenende verkündete. Neben der Währungsreform gab er die Erhöhung des Mindestlohns um 3.000 Prozent sowie Steueranhebungen bekannt, die die Staatseinnahmen stützen sollen. „Ich will, dass sich das Land wieder erholt, und ich habe das Rezept dafür. Vertraut mir!“, sagte er. Eine ebenfalls geplante Anhebung der Benzinpreise wurde auf Mitte September verschoben. Damit bleibt der Sprit weiterhin erheblich billiger als eine Flasche Wasser.

Um zukünftig den Werteverfall des neuen Bolívar zu verhindern, soll er an die staatliche Kryptowährung Petro gekoppelt werden, die wiederum an den Wert eines Fasses Rohöls gebunden ist, sagte Maduro. Der Wert des Petro liegt bei 60 Dollar. Ob der Devisenschwarzmarkt die Koppelung des Bolívar soberano an den Petro in dieser Weise akzeptiert, ist jedoch völlig offen.

Dass die neue Währung die Inflation aufhält, bezweifeln Ökonomen. Für Asdrúbal Oliveros vom unabhängigen Institut Ecoanalítica bringt die Streichung der Nullen allenfalls vor­übergehende Erleichterung. „Es hilft zumindest den Unternehmen, ihre Buchhaltung wieder vernünftig zu führen.“ Langfristig sieht er darin keine Lösung.

Politik mit der Notenpresse

Schon der jetzt abgeschaffte Bolívar fuerte war das Resultat einer Streichung von drei Nullen im Jahr 2008. Eine der wesentlichen Ursachen für die extreme Geldentwertung ist, dass die Regierung ihre Verpflichtungen nicht durch laufende Einnahmen abdeckt, sondern mit der Notenpresse. Dass die Ausweitung der Geldmenge bei gleichzeitiger Verknappung des Angebots zu Inflation führt, ­lernen Wirtschaftsstudierende schon im Grundstudium. Maduro scheint das nicht einleuchten zu wollen.

Im Gegenteil: Mit der Erhöhung des Mindestlohns steigen die Staatsausgaben weiter an. Denn er gilt nicht nur für die zahlreichen Staatsangestellten. Auch den kleinen und mittleren Betrieben versprach Maduro die gestiegenen Lohnkosten für 90 Tage zu übernehmen. „Die Zentralbank wird frisches Geld drucken. Genau das hat schon zu der Hyperinflation geführt“, sagte der oppositionelle Abgeordnete José Guerra vom Finanzausschuss der Nationalversammlung.

Asdrúbal Oliveros, Ökonom

„Es hilft zumindest den Unternehmen, ihre Buchhaltung wieder vernünftig zu führen“

Der Großteil der Bevölkerung reagiert denn auch sehr skeptisch auf die Maßnahmen. Hyperinflation, Knappheit bei Nahrungsmitteln und Medikamenten sowie Engpässe bei der Strom- und Wasserversorgung machen ihr schon zu lange schaffen. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) sind bislang 2,3 Millionen VenezolanerInnen ausgewandert, vor allem in die Nachbarländer Kolumbien, Ecuador, Peru und Brasilien. Etwa 1,3 Millionen der Geflüchteten seien unterernährt gewesen, zitieren die Nachrichtenagenturen UN-Mitarbeiter. Für die UN ist es schon jetzt eine der größten Migrationsbewegungen in der jüngeren Geschichte Lateinamerikas.

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