Messerattacke nahe Paris: Auftrag zum Familienmord?

Ein Mann hat in Trappes seine Mutter und Schwester getötet. Eine weitere Person wurde verletzt. Womöglich handelte er im Auftrag des IS.

Ein französischer Polizist patroulliert an der Stelle der Messerattacke in Trappes nahe Paris

Der Tatort im Pariser Vorort Trappes Foto: ap

PARIS taz | Im Pariser Vorort Trappes hat am Donnerstagvormittag ein 36-jähriger Mann auf der Straße eines Wohnquartiers zwei Personen mit einem Messer getötet und eine dritte schwer verletzt, bevor er selber von Polizisten erschossen wurde. Als er sich zuletzt auf diese Polizeibeamten stürzte, soll er laut Zeugen „Allahu akhbar“ gerufen haben.

Das reichte, um die Vermutung aufkommen zu lassen, dass es sich um einen terroristischen Messerangriff eines Dschihadisten handeln müsse. Diese Mutmaßung wurde wenig später durch eine Mitteilung der Terrormiliz IS bekräftigt, die die Verantwortung übernahm und behauptete, der Täter habe in ihrem Sinn und Auftrag agiert.

Der 36-jährige Khamel S. war zudem der Polizei wegen seiner Sympathien für IS bekannt, er war seit 2016 als radikalisierter Islamist in der zentralen Überwachungsdatei FSPRT registriert, weil er Mordanschläge von IS „verherrlicht“ hatte. Trappes ist ein relativ ärmlicher Vorort im Süden der Hauptstadt und unter anderem bekannt für Drogen- und Bandenkonflikte.

Die Polizei, die das Quartier um den Tatort an der nach der Bildhauerin Camille Claudel benannten Straße großräumig abgesperrt hatte, blieb in ihren Äußerungen etwas vorsichtiger. Ein „Familiendrama“ könne nicht ausgeschlossen werden, hieß es aus Polizeikreisen. Diese Version tönt erst recht glaubhaft, weil später mitgeteilt wurde, dass die beiden Todesopfer als Mutter und Schwester des Täters identifiziert worden seien.

„Schwere psychiatrische Probleme“

Er soll sie auf der Straße mit seinem Messer attackiert haben und anschließend mit derselben Waffe auch noch eine unbeteiligte Passantin, die mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Danach verbarrikadierte er sich in einem Einfamilienhaus, bevor er sich auf die Polizei stürzte, die ihn belagert und vergeblich zum Aufgeben aufgefordert hatte.

Innenminister Gérard Collomb lieferte im Verlauf des Nachmittag mehr Details zur Persönlichkeit des Messerstechers. Dieser habe „schwere psychiatrische Probleme“ gehabt. Die Ermittlungsbehörden müssten daher eher von einem „geistesgestörten oder verwirrten“ Individuum ausgehen und weniger von einem „engagierten“ Terroristen. Collomb hält es für wenig wahrscheinlich, dass Khamel S. „Befehle und Aufträge einer terroristischen Organisation wie im speziellen IS“ befolgt habe.

Der Täter war zeitweise als Taxifahrer tätig, nachdem er von den Pariser Verkehrsbetrieben RATP wegen Verstößen gegen die im Arbeitsvertrag aufgeführte Pflicht zur religiösen Neutralität entlassen worden war. Er lebte laut Angaben der Agentur AFP von seiner Frau getrennt und hatte auch zu seinen Kindern seit Längerem keinen Kontakt mehr. Er wohnte in Trappes bei seiner Mutter. Laut dem Fernsehsender LCI hatte er sich mit ihr wegen eines Erbschaftsstreits überworfen und hatte in dieser Sache eine Strafklage gegen sie eingereicht. Darin könnte möglicherweise das Motiv seiner Bluttat liegen.

Wie so häufig in solchen Tragödien fallen die Nachbarn aus allen Wolken. Sie beschreiben den Mann vor Kameras von LCI als „jovial“ und „sehr freundlich“. Der Zeitung Libération erklärte ein Nachbar mit dem Vornamen Said: „Er war ein bisschen verschlossen. Ich ahnte, dass er psychische Probleme hatte. Er hat gelegentlich Bier getrunken und Joints geraucht. Er war nicht religiös.“ Dieser Anwohner vermutet, dass er mit seiner Schwester einen Krach gehabt habe. Dass Khamel S. ein Terrorist gewesen sei, kann er nicht glauben.

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