Helene Fischer zu #wirsindmehr: Sie will es sich nicht verscherzen

Die Schlagersängerin Helene Fischer äußert sich gegen Gewalt und Rassismus. Doch zur AfD schweigt sie. Das ist zu wenig.

Helene Fischer singt auf der Bühne

Ist zu wenig wirklich besser als nichts? Foto: dpa

So viele Fans hatte selbst Helene Fischer noch nie: Nicht nur die üblichen Verdächtigen, nein, auch schlagerferne Hip-Hopper, kritische Linke und gestandene Journalisten jubelten ihr zu, weil sie in einem Instagram-Post der Sängerin ein „klares Statement“ zu den Naziaufmärschen in Chemnitz sahen.

Dem routinierten „Berlin! Lasst uns heute feiern, tanzen, lachen!“ ließ die neue Rosa Luxemburg diese Zeilen folgen: „Wir können und dürfen nicht ausblenden, was zur Zeit in unserem Land passiert, doch wir können zum Glück auch sehen wie groß der Zusammenhalt gleichzeitig ist – das sollte uns stolz machen.“ Oh weh, „stolz“. Noch unklar, in welche Richtung das geht, oder? Danach dies: „Musik als Zeichen der Verbundenheit und immer ist es Liebe, die gewinnt. Ich freue mich darauf, heute mit euch dieses Zeichen zu setzen!“ Das war’s. Bis hierhin ein einziges Geschwurbel. Dann die rettenden Hashtags: #wirbrechendasschweigen #wirsindmehr #schreiteslaut #liebe #peace

So weit, so wenig. Wogegen hat sich Helene Fischer hiermit geäußert? Gegen gar nichts. Auf dem Konzert selbst immerhin diese Ansage: „Wir setzen auch ein Zeichen. Ich möchte jetzt und hier, dass keiner sitzen bleibt. Erhebt euch. Erhebt gemeinsam mit mir die Stimme. Gegen Gewalt. Gegen Fremdenfeindlichkeit. Wir brechen das Schweigen, hier in Berlin.“

Die Gewalt und Fremdenfeindlichkeit befeuernde AfD allerdings wird weder im Post noch während der Show erwähnt. Aus welchem Grund? Man könnte vermuten: aus gutem. Also monetärem. Man wollte die Fans nicht verprellen. Allein: Das Produkt Helene Fischer hat eigentlich längst genug abgeworfen. Oder wollte die 34-Jährige die Stimmung einfach nicht ruinieren? Es sich nicht mit Rechtsradikalen und deren Unterstützern verscherzen? Was für ein politisches Statement ist das dann noch? Wäre „Gegen Gewalt, gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen die AfD“ schon zu viel für harmoniebedürftige Musikantenstadlgänger?

Ernsthaft Stellung beziehen

Weshalb wäre es wichtig gewesen, dass sich die vielleicht populärste Person des Landes nicht nur zu #wirsindmehr bekennt und sich nicht nur gegen Rassismus, sondern auch gegen die umlackierte NPD positioniert? Weil man nicht das Feuer, sondern den Brandstifter anzeigt. Und weil sich AfD-Anhänger selbst nicht unbedingt als Rassisten begreifen, mal abgesehen von jenen, neben denen Bernd Höcke gern spaziert. Und weil auch sie an die #liebe und die These #wirsindmehr und an #wirbrechendasschweigen glauben. Blauwähler könnten Fischers Instagram-Text leicht als verkapptes Zugeständnis interpretieren.

Außerdem: Hätte sie mal ein schönes #fuckafd oder wenigstens #noafd hintendran getippt, wäre das womöglich in ein paar der tausend Kloblätter (z.B. Bild-Zeitung) eingesickert, in denen Fischers Ultras schmökern. Dann hätten nicht nur diese Zeitschriften ernsthaft Stellung beziehen müssen, sondern hätten sich deren Leser vielleicht auch ein paar Fragen gestellt. Will sagen: Man hätte eine Klientel erreichen können, die die taz eher nicht anspricht. Es sind ja gerade diese schlagerhörenden Damen und Herren im AfD-Volk, die man vielleicht noch zurückgewinnen kann. Wer Rechtsrock auf den Kopfhörern hat, ist eh verloren. Aber ja, freilich: Es war besser als nichts. Super, Helene. Wobei: Ist zu wenig wirklich besser als nichts?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.