AfD-Politiker und Chemnitzer Haftbefehl: Der gläserne Datenschützer

Der AfD-Abgeordnete Ronald Gläser hat Ärger. Kann er nach dem Verbreiten des Haftbefehls Vorsitzender des Datenschutzausschusses bleiben?

Ronald Gläsert im Ausschuss

Ronald Gläsert im Ausschuss Foto: dpa

BERLIN taz | Wenn es Ronald Gläsers Plan war, den Ausschuss für Datenschutz im Abgeordnetenhaus davon zu überzeugen, dass er weiterhin die richtige Person für dessen Vorsitz ist, dann ist der AfD-Politiker am Montag grandios gescheitert.

Politiker aller Parteien reagierten empört auf seine Erklärung zur Verbreitung eines öffentlich gewordenen Haftbefehls. Ausschussmitglied Bernd Schlömer, Ex-Pirat und inzwischen FDP-Abgeordneter, kündigte einen Abwahlantrag für die kommende Sitzung an.

Vor zwei Wochen hatte Gläser auf seinem Twitterkanal den Haftbefehl gegen einen Iraker veröffentlicht, der unter Verdacht steht, an der tödlichen Messerattacke von Chemnitz beteiligt gewesen zu sein. Womöglich als er verstand, dass er damit gegen geltendes Recht verstoßen hatte, löschte er seinen Beitrag nach einigen Stunden wieder.

In einer persönlichen Erklärung vor dem Ausschuss bezeichnete er das Posting als Fehler. Dann fügte er hinzu, dass dem Dresdner Justizbeamten, der den Haftbefehl an die Öffentlichkeit weitergab, zu danken sei; dieser stehe in der Tradition von Whistleblowern wie Chelsea Manning. Zuvor hatte Gläser vor der Presse gesagt, er wolle als Ausschussvorsitzender nur dann zurücktreten, wenn er zu einer Haftstrafe oder einer Bewährungsstrafe verurteilt werde.

Scharfe Kritik

Der Linke-Abgeordnete Niklas Schrader sagte der taz: „Ronald Gläser hat es mit seiner Erklärung eher schlimmer gemacht als besser.“ Auf Twitter wurde er noch deutlicher: „Rechtfertigung, Selbstinszenierung und Ablehnung des Rechtsstaates. Der Mann sitzt richtig tief im braunen Sumpf.“

Auch Vertreter der anderen Parteien zeigten sich pikiert. Sven Kohlmeier, SPD, sagte im Ausschuss: „Sie haben hier ein Rechtsstaatsverständnis gezeigt, bei dem sich mir alle Nackenhaare sträuben.“ Stefan Ziller (Grüne) warf Gläser vor, die Erklärung für seine politischen Ziele genutzt zu haben.

Ziller forderte eine schnelle Aufklärung der Staatsanwaltschaft. Die prüft laut ihrem Sprecher derzeit, ob sie Ermittlungen aufnimmt und dafür das Parlament um die Aufhebung der Immunität Gläsers bittet. Die Veröffentlichung amtlicher Dokumente eines Strafverfahrens stellt laut Strafgesetzbuch eine Straftat dar. Sollte Gläser in einem Monat abgewählt werden, hat die AfD erneut das Vorschlagsrecht für den Vorsitz. (mit dpa)

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