Kommentar RWE und der Klimawandel: Jede Kündigung wäre ein Statement

Der Hambacher Forst steht symbolisch für die Verheizung des Klimas. Wirkungsvoller als Protest wäre es, RWE bei ihren Umsätzen zu treffen.

Umweltaktivisten auf einem Baumhaus

Kommen von ihrem Baum nicht freiwillig runter: Umweltaktivisten im Hambacher Forst Foto: dpa

Helmut Kohl hat, wie er es schönsprecherisch formulierte, mit seiner CDU bei einer Landtagswahl einmal „eine Niederlage errungen.“ Ähnlich ergeht es derzeit den Braunkohle-Taliban von RWE und der willfährigen Regierung von Armin Laschet (CDU) in NRW. Auch sie werden mit dem Fall des letzten Baumhauses im Hambacher Forst, vielleicht schon am Wochenende, eine glorreiche Niederlage errungen haben. Denn in der öffentlichen Wahrnehmung wird der geräumte deutsche Wald zum PR-Desaster und RWE zunehmend zum Mordor, zum Reich des Bösen, des frühen 21. Jahrhunderts.

Der vielfältige Widerstand im rheinischen Revier macht zugleich endlich wieder Mut auf die Zukunft; die engagierten BewohnerInnen der Baumhäuser, die Blockadebeihilfen, die breite Solidarität. Oder jene 40-köpfige Gruppe junger Leute, die sich vergangenen Sonntagabend mitten im Forst einem Räumpanzer in den Weg setzte und mit wunderbar albernen Lieder die Polizeibeamten verhöhnten, bis der Panzer unter den Rückwärtsgang einlegte.

Je weiter die Waldräumung fortschreitet und mit jedem neuen, oft schönen, manchmal sogar anrührenden Bild schütteln mehr Menschen jenseits der Öko-Szene den Kopf. Formaljuristisch mag der derzeitige Irrsinn rechtens sein, doch wer soll noch verstehen, warum ausgerechnet jetzt ein Wald geopfert wird? Der Hambacher Forst ist ein Symbol geworden für ein kaltes Geschäftsziel: die Heimat verheizen und das Klima wissentlich weiter ruinieren.

Die Stimmung kippt. Das ist erfreulich. Wirkungsvoller als symbolisch gepflanzte Bäumchen beim Waldspaziergang mit Oma, Kind und Kegel sind allerdings schlichte Taten daheim am PC, mit ein paar Klicks nur. Denn es gibt tatsächlich noch Menschen, die aus fauler Gewohnheit Strom beziehen von den RWE-Naturhenkern und ihren strategischen Partnern e.on, Innogy oder all den örtlichen Stadtwerken.

Doch Vorsicht: RWE selbst mischt im grünen Strommarkt mit. Öko kann nur öko sein, wenn RWE seine Braunkohle-Griffel nicht im Spiel hat. Das gilt auch für all die örtlichen Stadtwerke mit ihren hinterlistigen Grünstromangeboten. Gerade die lokalen Energielieferanten sind, vor allem im Rheinland, alle inniglich verbandelt mit RWE.

Jede Kündigung ist zumindest ein Statement. Da kriegt man sie, bei ihren Umsätzen, bei ihrer arroganten Machtposition. Wer hier weiter Strom bezieht, mästet die Waldbrenner und hat den wunderschönen Hambacher Wald mit auf dem Gewissen.

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Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).

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