Präsidentschaftskandidatin in Nigeria: „Bring Back Our Girls“ an die Macht

Eine Vorkämpferin der von Boko Haram entführten Schülerinnen tritt zu Nigerias Wahlen an. Sie geht den Mächtigen gerne auf die Nerven.

Eine Frau, Oby Ezekwesili

Oby Ezekwesili erläutert ihre Präsidentschaftskandidatur in ihrem Büro Foto: reuters

YAOUNDE taz | Oby Ezekwesili kennt man vor allem in kämpferischem Rot. Ende April 2014 war sie es, die spontan mit ein paar Freunden und Bekannten die Bewegung #BringBackOurGirls (#BBOG) in Nigerias Hauptstadt Abuja ins Leben gerufen hat. Jeden Tag trafen sie sich um 16 Uhr am Brunnen der Einheit und forderten die unverzügliche Befreiung der 276 Mädchen von Chibok. Diese waren aus ihren Schlafsälen von der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram entführt worden.

Ezekwesili kündigte immer wieder an, erst Ruhe geben zu wollen, bis die Schülerinnen befreit sind. Die Bewegung gibt es bis heute, die Teilnehmerzahl ist mittlerweile aber zusammengeschrumpft.

Nigerias Mächtige, ob unter Goodluck Jonathan oder Nachfolger Muhammadu Buhari, nervten – und nerven – die #BringBackOurGirls-Proteste gewaltig. Immer wieder hatten die Aktivisten die Polizei im Nacken, der Geheimdienst nahm Ezekwesili den Reisepass ab, #BBOG-Proteste sollten verboten werden.

Doch ohne Erfolg: Die Pastorenfrau – ihr Mann ist Pastor in der Redeemed Christian Church of God, einer der großen Freikirchen im Land – aus dem Bundesstaat Anambra erlangte stattdessen internationale Bekanntheit. Sie traf Politiker aus dem Ausland und die spätere Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzay und wurde schon selbst als eine mögliche Anwärterin auf diese Auszeichnung gehandelt.

Immer wieder hat sie sich deutlich zur Korruption, vor allem im für Nigeria so wichtigen Ölgeschäft, geäußert.

Jetzt will sie selbst ganz nach oben und kandidiert bei Nigerias Präsidentschaftswahlen im Februar 2019. Das politische Geschäft kennt sie selbst nur zu gut. Unter Olusegun Obasanjo war die Wirtschaftsprüferin von 2005 bis 2007 Ministerin, erst für Bodenschätze, später für Bildung. Anschließend war sie als Vizepräsidentin der Afrika-Abteilung der Weltbank tätig. Immer wieder hat sie sich deutlich zur Korruption, vor allem im für Nigeria so wichtigen Ölgeschäft, geäußert. Außerdem ist sie eine Mitgründerin von Transparency International.

Es reicht

Mit ihrem Wahlsieg in vier Monaten rechnet aber niemand, denn sie kandidiert nicht für eine der großen Parteien, die Nigerias Politik unter sich aufteilen.

Oby Ezekwesili kommt vor allem im urbanen Süden des Landes gut an, gilt als diszipliniert und extrem zielstrebig. Tatsächlich ist es ihr und ihren Mitkämpferinnen gelungen, die Bewegung #BBOG über Jahre am Leben zu halten und sogar mehr: In Abuja kommen seit Monaten regelmäßig verschiedene Organisationen der Zivilgesellschaft zusammen und machen deutlich: Es reicht. In Nigeria muss sich endlich etwas ändern.

Dabei wirkt Ezekwesili selbst stets etwas unterkühlt und wenig empathisch. Man kann sich die 55-Jährige schlecht bei Wahlkampfveranstaltungen in Dörfern des muslimischen Nordens vorstellen. Kritiker werfen ihr vor, andere Meinungen nicht zuzulassen, wenig gesprächsbereit zu sein und keine Diskussionskultur zu pflegen. Immer wieder musste sie sich auch die Kritik gefallen lassen, dass sie nur über die Mädchen von Chibok, nicht aber über andere Opfer von Boko Haram spreche.

Nun wird Oby Ezekwesili für die kleine Allied Congress Party of Nigeria in die Präsidentschaftswahl gehen. Der Parteivorsitzende Ganiyu Galadima war bei den Wahlen 2011 und 2015 ziemlich erfolglos.

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