Bundesrats-Initiative gegen Paragraf 219a: Niedersachsens CDU will abstimmen

Im Bundesrat fordern fünf Länder die Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen. Nun könnte nach langer Verzögerung auch Niedersachsen folgen.

Im Landtag von Niedersachsen spricht Dirk Toepffer vor Abgeordneten

„Ich glaube, das ist ein Novum“, sagt CDUler Dirk Toepffer zur Freigabe der Abstimmung Foto: dpa

BERLIN taz | Auf Bundesebene hat die Union erst am Donnerstagabend erklärt, am Paragrafen 219a Strafgesetzbuch – dem sogenannten Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche – unbedingt festhalten zu wollen. Doch die Konservativen können auch anders: In Niedersachsen erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Dirk Toepffer, am Freitag, die Abstimmung über das Thema für seine Fraktion freigeben zu wollen. „Ich glaube, das ist ein Novum“, sagte er.

Hintergrund ist auch hier ein monatelanger Streit um die Anträge von Grünen und FDP. Diese fordern, die Landesregierung Niedersachsen möge sich „sich auf Bundesebene für eine schnellstmögliche Aufhebung von §219a StGB“ einsetzen. Der Paragraf verbietet die „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche – darunter fällt aber auch, wenn Ärzt*innen öffentlich darüber informieren, dass sie diese durchführen. Im November 2017 wurde die Gießener Ärztin Kristina Hänel wegen eines Eintrags auf ihrer Webseite zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt, in Kassel stehen derzeit zwei weitere Ärztinnen vor Gericht.

Die Anträge von Liberalen und Grünen wurden seit Anfang Dezember 2017 immer wieder vertagt, doch die Große Koalition in Niedersachsen wurde sich über kein gemeinsames Vorgehen einig. Am Mittwochabend stand das Thema dann im Rechtsausschuss auf der Tagesordnung – nur, um nach einer Sitzungsunterbrechung doch wieder heruntergenommen zu werden. „Diese Verzögerungstaktik ist unwürdig“, erklärte der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Marco Genthe.

Nun also das: Die CDU gibt die Abstimmung frei – und die SPD wird es ihr gleichtun. „Wir freuen uns sehr, dass die CDU sich zu diesem Schritt entschlossen hat“, sagt Wiard Siebels, Parlamentarischer Geschäftsführer der niedersächsischen SPD-Fraktion, der taz. Bei ihnen gebe es eine „übergroße Mehrheit“ für die Abschaffung. „Ich gehe davon aus, dass nahezu die gesamte SPD-Fraktion im Landtag für die Abschaffung von Paragraf 219a votieren wird“, sagt Siebels. Damit wäre eine Mehrheit für die Anträge wahrscheinlich.

„Offenbar zeigen die Rückmeldungen der Bevölkerung an die CDU insoweit Wirkung, als dass sie anfängt, eigene Positionen zu hinterfragen“, sagte Helge Limburg, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im niedersächsischen Landtag, der taz. „Wenn sich im November dann tatsächlich eine breite Landtagsmehrheit für die Streichung des Paragrafen 219a ausspricht, wäre das ein wichtiges Signal zur Stärkung von Frauenrechten.“ Die Große Koalition im Bund müsse dann aber „schnell nachziehen und endlich in die Gänge kommen.“

Niedersachsen kann den Paragrafen als Bundesland weder ändern noch abschaffen – das muss der Bund tun. Es kann sich aber, wie es die Anträge vorsehen, auf Bundesebene dafür aussprechen – zum Beispiel im Bundesrat. Dort fordern die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg und Thüringen seit Monaten, dass Paragraf 219a gestrichen werden soll.

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