Jair Bolsonaros Pläne für Brasilien: Waffen für Bürger, Absage ans Klima

Im Wahlkampf provozierte der künftige Präsident immer wieder mit rassistischen Ausfällen, jetzt steht er vor komplexen Herausforderungen. Was hat Bolsonaro vor?

Ein Mann von hinten, auf seinem schwarzen T-Shirt eine AK 47

Bolsonaros Unterstützer machen schon mit ihren T-Shirts klar, wofür ihr Kandidat steht Foto: reuters

RIO DE JANEIRO dpa | Eine Welle der Empörung über die verkrusteten Strukturen der traditionellen Politik, die weit verbreitete Korruption und die immer weiter eskalierende Gewalt haben den Rechtspopulisten Jair Bolsonaro in den brasilianischen Präsidentenpalast gespült. Bei der inneren Sicherheit vertritt der schneidige Ex-Offizier radikale Ansichten, in der Wirtschaftspolitik schlingert er zwischen neoliberalen Ideen und Protektionismus. Was können Brasilien und die Welt von dem neuen Staatschef erwarten?

Innere Sicherheit

Bolsonaro will hart gegen Verbrecher vorgehen. Gegen Polizisten, die im Einsatz Kriminelle töten, solle nicht ermittelt werden, vielmehr hätten sie einen Orden verdient, sagt er. Die brasilianischen Sicherheitskräfte sind bereits jetzt für ihre robusten Einsätze berüchtigt, im vergangenen Jahr töteten sie mehr als 5000 Menschen. Menschenrechtsaktivisten befürchten nun eine Explosion der Gewalt. „Er stellt einen Freibrief für Massaker in den Favelas aus“, sagt die Sozialarbeiterin Lidiane Malanquini, die im Elendsbezirk Maré am Rande von Rio de Janeiro arbeitet.

Menschenrechte

Für den gewählten Präsidenten schützen Menschenrechte häufig Verbrecher. Künftig sollen sie vor allem dem Schutz von Opfern der Gewalt dienen, heißt es in seinem Wahlprogramm, dem „Projekt Phönix“. „Die Menschenrechte für alle zu wahren, wird eine Herausforderung“, sagt die Amerika-Chefin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Erika Guevara-Rosas.

Waffen

Der Hauptmann der Reserve will das Waffenrecht liberalisieren. „Die Bürger sollen das Recht zur legitimen Selbstverteidigung für sich, ihre Familien und ihren Besitz erhalten“, heißt es in seinem Wahlprogramm. Kritiker befürchten allerdings, dass eine Aufrüstung der Gesellschaft zu weiterer Gewalt führen könnte.

Umwelt

Bolsonaro will keine neuen Schutzgebiete im Amazonasgebiet ausweisen, weitere Rodungen im Regenwald zulassen und das Umweltministerium dem Landwirtschaftsministerium zuschlagen. Zudem spielt er mit dem Gedanken, das Pariser Klimaschutzabkommen zu verlassen. Dabei hat Brasilien mit dem Amazonasgebiet als weltgrößter CO2-Speicher eine Schlüsselrolle im internationalen Klimaschutz inne.

„Brasilien hat das Potenzial, eine Vorreiterrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels einzunehmen, aber Jair Bolsonaro muss sich zu einer Politik der Null-Entwaldung verpflichten, anstatt den Umweltschutz zu schwächen, um Platz für industrielle Viehhaltung und Landwirtschaft zu schaffen“, sagt der Geschäftsführer von Greenpeace Brasilien, Asensio Rodríguez.

Wirtschaft

Der wirtschaftspolitische Kurs von Bolsonaro liegt noch im Unklaren. Sein designierter Wirtschaftsminister Paulo Guedes gilt als Anhänger der ultraliberalen Chicago-Schule. Er würde gerne das Rentensystem privatisieren, Steuern senken und die Staatsbetriebe privatisieren, auch den Ölkonzern Petrobras. Die Militärs in Bolsonaros Umfeld setzen hingegen auf staatlich gelenkte Schlüsselindustrien. Bolsonaro will das Haushaltsdefizit abbauen, den Arbeitsmarkt liberalisieren und das Rentensystem reformieren. Die Deutsche Bank handelte sich viel Häme ein, als sie Bolsonaro als „Wunschkandidat der Märkte“ feierte – und seine extremistischen Parolen dabei völlig ausblendete. Die Börse reagierte aber tatsächlich zunächst positiv auf Bolsonaros Wahlsieg. „Eine zögerliche Umsetzung von Reformen könnte das Vertrauen der Anleger erschüttern, die Kosten für Kredite erhöhen und dem Wachstum schaden“, warnt allerdings die Ratingagentur Fitch.

Außenpolitik

„Brasilien zuerst“ lautet eine der wichtigsten Parolen von Bolsonaro. Ein ausgeprägtes Interesse an der internationalen Zusammenarbeit dürfte der künftige Präsident nicht haben. „Wir werden unser Land von der ideologischen Färbung unserer auswärtigen Beziehungen befreien“, kündigte Bolsonaro an. Beobachter erwarten, dass der Rechtspopulist einen harten Kurs gegen die sozialistischen Länder Venezuela und Kuba fahren wird. Eine starke internationale Rolle, wie sie Brasilien unter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bei Klimaverhandlungen und UN-Missionen spielte, ist unter Bolsonaro nicht zu erwarten. „Der Rückzug aus der internationalen Verantwortung dürfte weitergehen“, prognostiziert der Politologe Maurício Santoro. „Möglicherweise nähert sich Bolsonaro etwas an die USA an und geht auf Konfrontationskurs zu China.“

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