Die Wahrheit: Kriechend wie eine gebückte Katze

Talking about stalking: Eine perfide Anleitung für alle Stalker – getarnt als Jugendbuch. Doch die Verfolger der Verfolger schlagen zurück.

Mann mit gefärbtem Gesicht und Riesenlupe

Anleitung zur ständigen Beobachtung: Nachwuchs-Stalker Foto: reuters

Stalking ist ein widerwärtiges Verbrechen, über das unsere Jugend besonders aufgeklärt werden müsste. Aber leider wird das Stalking häufig verharmlost und sogar propagiert. Das traurigste Beispiel dafür ist „The Wonder Book of Things to Do“, das Jugendlichen sogar eine detaillierte Anleitung zum Stalken widmet. Das Buch, das angeblich Tipps geben soll, wie Jugendliche laut Untertitel „Indoors & Out of Doors“ etwas gegen Langweile tun und Abenteuer erleben können, erscheint seit 1936 bis heute in zahlreichen Neuauflagen.

Das Stalking-Kapitel beginnt so: „Das Geschäft eines Stalkers ist es, so nahe wie möglich seinem Zielobjekt nahezukommen – sei es Mensch oder Tier –, ohne gesehen zu werden und ohne vom fraglichen Opfer gehört oder gewittert zu werden. Die erste Überlegung sollte deiner Kleidung gelten. Du solltest keine hellen Farben oder auffälligen Muster tragen. Die Farben deiner Kleider sollten der natürlichen Umgebung entsprechen. Am besten also grüne oder rehbraune Kleidung tragen, wenn du auf dem Lande stalkst.“ Wie die Kleidung in der Stadt sein sollte, verschweigt das saubere „Jugendbuch“.

„Das allein reicht aber nicht. Du musst sorgfältig das Gelände zwischen dir und dem Zielobjekt studieren. Wähle einen Weg, der dich am besten durch Bäume, Büsche, Felsen und hohes Gras verbirgt“, fährt der kleine Stalking-Führer fort. „Bist du einem Tier, oder was auch immer du stalkst, nahe, kannst du mit einer einfachen Verkleidung unbemerkt bleiben. Halte einen belaubten Zweig vor dich oder stecke Zweige an den Hut oder in die Kleidung.“ Ha, das war ein unvorsichtiger Vorschlag, denn so können wir Stalker leicht erkennen: grüne oder braune Kleidung, ein Hut mit Zweigen oder Äste im Gewand!

Das Opfer ist ein „Tier“

Manche ahnen jedoch nichts: „Wenn dann das Tier zufällig hochblickt, bist du wenig verdächtig, vorausgesetzt, du bist völlig still.“ Also nicht leise keuchen und auf Äste treten oder mit Blättern rascheln, wenn man dem „Tier“ genannten Opfer nachjagt. „Achte auf Steine, Löcher im Boden und Wurzeln. Ein Fall oder nur ein Stolpern wird alle aufscheuchen.“

Immer niedriger wird der Duktus des Buches: „Manchmal musst du gebückt gehen oder gar kriechen“. Wir halten fest: Leute, die sich gebückt oder kriechend fortbewegen, könnten Stalker sein!

Ein weiteres Merkmal: „Die Fähigkeit, leise zu gehen und die Bewegung einzufrieren.“ Langsam und stetig, „slow and steady“, soll der junge Stalker sein. Ein teuflischer Tipp rundet die Handreichung ab: „Beobachte eine Katze, die Meisterin des Stalkings“. Und beim Nachahmen dann immer an die Richtung des Winds denken, denn „sollte dieser von dem Objekt zu dir wehen, dann wittert kein Opfer den Verfolger“.

Aber wir, die Verfolger der Verfolger, wittern einen Stalker, wenn er gegen den Wind steht. Und so hat sogar diese infame Anleitung dann doch noch ihr Gutes. Denn wundert euch nicht, ihr jungen Stalker, wenn wir euch durch das Wunderbuch auf die Schliche kommen!

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kari

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