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: Österreich muss Flüchtlingen gleich viel Sozialhilfe zahlen

Der Europäische Gerichtshof kippte eine Regelung aus Oberösterreich, Flüchtlingen mit befristetem Aufenthaltsrecht weniger Leistungen auszuzahlen als Österreichern

Das Neue

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Mittwoch die oberösterreichische Regelung der Mindestsicherung gekippt, nach der befristet Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte geringere Ansprüche haben sollten als Österreicher oder EU-Bürger. In Oberösterreich bekommen sie seit 2016 nur 365 statt 921 Euro monatlich. Betroffen sind 590 von 12. 914 Bezugsberechtigten. Der EuGH war 2016 vom Flüchtling Ahmad Shah Ayubi angerufen worden. Das Urteil des Luxemburger Gerichts durchkreuzt auch die Pläne der österreichischen Regierung, die – nun vom EuGH beanstandete – Regelung auf das gesamte Bundesgebiet auszudehnen. Kommende Woche sollten die Kabinettsmitglieder die Reform beschließen.

Der Kontext

In Oberösterreich regiert seit drei Jahren eine konservativ-rechtspopulistische Koalition aus ÖVP und FPÖ, wie seit vergangenem Jahr auch auf Bundesebene. In Migrationsfragen ist hier wie dort die fremdenfeindliche FPÖ die treibende Kraft. Verschlechterungen für Flüchtlinge und Asylwerber sollen unerwünschte Zuwanderung abwehren. Mit Einsparungen lassen sich die Schikanen kaum argumentieren. Nach Daten der Statistik Austria entfielen 2017 gerade einmal 0,92 Prozent der Sozialausgaben auf die Mindestsicherung. In absoluten Zahlen 977,4 Millionen Euro. Auch die Regelung in Niederösterreich, wo ein Deckel für Familien eingezogen und die Mindestsicherung an einen Aufenthalt von mindestens sechs Monaten geknüpft war, hatte vor dem EuGH keinen Bestand.

Die Reaktionen

Die Opposition sieht sich durch das EuGH-Urteil in ihrer Kritik bestätigt. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch sieht ein Muster in der Sozialpolitik: „Nach dem Zwölfstundentag und der Zerschlagung der Krankenkassen droht mit der Neuregelung der Mindestsicherung der nächste Husch-Pfusch dieser schwarz-blauen Regierung.“ SPÖ-Außenpolitiksprecher Andreas Schieder forderte die Regierung zum Dialog auf. Dafür solle sie „endlich einen rechtskonformen Vorschlag für die Mindestsicherung vorlegen“. Gerald Loacker, Sozialsprecher der liberalen Neos, fordert eine bundeseinheitliche Regelung, die sich am Vorarlberger Modell orientieren solle. In den westlichen, schwarz-grün regierten, Bundesländern wird die Auszahlung der Mindestsicherung an die Erfüllung von Integrationsleistungen gekoppelt. Ihre Höhe ist nicht gestaffelt, wird aber zum Teil in Form von Sachleistungen wie Wohnraum ausgezahlt.

Die Konsequenz

Das Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), zeigte sich unbeeindruckt vom Urteil des EuGH. Man werde es natürlich berücksichtigen und demnächst eine verfassungskonforme Lösung vorlegen. Ihre Worte lassen vermuten, dass das Ziel, Flüchtlinge schlechter zu behandeln, weiterhin verfolgt werde aber eine neue Formulierung der Kriterien ersonnen werden müsse. Das entspricht auch dem bisherigen Kurs der Bundesregierung.

Ralf Leonhard, Wien