Volksabstimmung in der Schweiz: Mission Hornkuh scheitert

Die Schweizer lehnen die finanzielle Unterstützung für Landwirte ab, die ihre Kühe und Ziegen nicht enthornen. Zu teuer, meint der Bauernverband.

Ein Kuh auf der Alm

Behornte Kuh – zu teuer? Foto: imago/blickwinkel

GENF taz | Schweizer Bauern, die ihren Kühen und Ziegen die Hörner nicht entfernen, werden auch in Zukunft nicht mit staatlichen Zahlungen unterstützt. Am Sonntag scheiterte eine Volksabstimmung, mit der Fördergelder für Bauern durchgesetzt werden sollten, die ihren Tieren die Hörner lassen. Gegen die Forderung der „Initiative Hornkuh“, die der Bergbauer Armin Capaul aus dem Kanton Jura in Gang gebracht hatte, stimmten rund 54 Prozent der Eidgenossen.

In der Schweiz haben fast 90 Prozent der Kühe keine Hörner mehr. Die Zahlen sind in Deutschland und allen anderen Staaten ähnlich, in denen die Erzeugung von Fleisch- und Milchprodukten in den vergangenen zwanzig Jahren zunehmend industrialisiert wurde.

Ein kleinerer Teil der Hornlosigkeit kommt durch Zucht zustande. Experten rechnen damit, dass es in der Schweiz und Deutschland spätestens im Jahr 2020 erste Kuhrassen gibt, die zu 100 Prozent genetisch hornlos sind. Bei der Mehrzahl der Tiere hingegen – das gilt besonders für Milchkühe – werden die Hörner in einem schmerzhaften Prozess entfernt.

Kälbern und Kitzen wird das Gehörn im Alter von etwa zwei Wochen mit einem auf 700 Grad erhitzten Eisen ausgebrannt. Einen Tag darauf zeigen die Tiere immer noch Schmerzsymptome – trotz Betäubung und Schmerzmitteln. Laut einer Studie der Universität Bern aus dem Jahr 2016 leiden 20 Prozent aller auf diese Weise malträtierten Tiere unter Langzeitschmerzen.

Der Grund für die Prozedur: Kühe ohne Hörner benötigen weniger Platz im Stall und können dichter nebeneinanderstehen. Zudem bestehe weniger Verletzungsgefahr untereinander sowie für Menschen, argumentieren die Befürworter.

Dabei Hörner sind wichtig

In der Schweizer Unfallstatistik der vergangenen zehn Jahre gibt es allerdings lediglich Fälle, in denen hornlose Kühe gegen Menschen oder deren Hunde aggressiv wurden. Kopfstöße zwischen Kühen ohne Hörner sind nach übereinstimmenden Untersuchungen aus Deutschland und der Schweizer sehr viel häufiger als zwischen Hornträgern.

Denn die Hörner von Kühen – und auch von Ziegen – sind kein nutzloser Schmuck, sondern ein durchbluteter und empfindsamer Teil des Körpers. Sie dienen dem Stoffwechsel und der Körperpflege. Außerdem spielen sie eine wesentliche Rolle für den Orientierungssinn sowie für die Kommunikation der Tiere untereinander. Kühe haben einen eher kompakten Körper. Sie sehen relativ schlecht, nur im Nahbereich können sie scharf sehen.

Neben der Volksabstimmung über das umstrittene Entfernen von Kuhhörnern fanden in der Schweiz zwei weitere Abstimmungen statt: Zunächst gaben die SchweizerInnen den Sozialversicherungen grünes Licht, Versicherte bei Verdacht auf Missbrauch durch Detektive überwachen zu lassen. Ferner probierte eine Initiative der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei (SVP), der Schweizer Justiz immer Vorrang vor der internationalen Justiz zuzusprechen. Der Antrag wurde abgelehnt: Für die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative stimmten den Angaben zufolge nur 33 Prozent der Teilnehmer. (afp)

Mit ihrem fast 360 Grad Rundumblick nehmen sie in ihrer Umgebung aber Umrisse gut wahr. Die Silhouette der Hörner hebt sich vom kompakten Körperbau ab und erleichtert den Kühen das Erkennen. So ist es ihnen möglich, anhand der Körperhaltung ihrer Artgenossen deren Stimmung und Absicht zu erkennen. Das ist für das Zusammenleben in einer Herde sehr wichtig.

Die von der Schweizer Hornkuh-Initiative vorgeschlagenen Zahlungen an Bauern, die Kühe und Ziegen mit Hörnern halten und dafür mehr Platz und Zeit benötigen, hätten sich auf jährlich rund 15 Millionen Franken belaufen – das sind 0,5 Prozent der diesjährigen staatlichen Subventionen an die eidgenössischen Bauern in Höhe von 3 Milliarden Franken. Doch die Regierung und auch der Bauernverband lehnten die Initiative als „zu teuer“ ab.

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