Kommentar Horst Seehofer tritt zurück: Schlussakt im Bayerndrama

Horst Seehofer, GroKo-Querschläger und Sturschädel geht – zumindest als CSU-Chef. Er sollte ganz abtreten, um den Rest seines Rufs zu retten.

Horst Seehofer

Salamitaktik: Der scheidende CSU-Chef Horst Seehofer will erstmal Innenminister bleiben Foto: reuters

Seien wir ehrlich: Dass Horst Seehofer eines Tages wirklich – also so richtig wirklich – zurücktreten würde, damit hat doch keiner mehr gerechnet. Dass der Berliner Flughafen eröffnet wird, dass die Queen abdankt, alles im Bereich des Möglichen. Aber dass Seehofer geht? Nein! Doch jetzt ist er weg. Zunächst nur als Chef der CSU, aber immerhin.

Dass vielen jetzt ein Stein vom Herzen fällt, ist verständlich. Der Dann-doch-nicht-Rücktritt Anfang Juli, der 69. Geburtstag, das Ich-habe-Merkel-zur-Kanzlerin-gemacht-Geplapper, die Mutter aller Probleme und dann auch noch die Causa Maaßen – Seehofer hat seiner Partei zuletzt kaum noch Gefallen getan. Außer vielleicht unfreiwillig den einen: Er hat den Blitzableiter gegeben. Bereitwillig haben sie alle – ob in der CSU selbst, bei den GroKo-Partnern oder in der Opposition – ihre Blitze auf ihn geschleudert.

Dabei stand Seehofer mit seinem hilf-, glück- und anstandslosen Versuch, mithilfe eines markigen Auftretens in der Asylpolitik der AfD das Wasser abzugraben, nicht allein in seiner Partei – auch wenn das jetzt viele in der CSU-Spitze gern vergessen machen möchten.

Trotzdem: Dass er in diesem bayerischen Bauerndrama nun die tragische Figur spielt, liegt nicht nur, aber doch in erster Linie an ihm selbst. Der erste wollte er sein, der in Bayern eine geordnete Machtübergabe hinlegt. Aber mit seinen auserkorenen Nachfolgern Karl-Theodor zu Guttenberg und Ilse Aigner hatte er kein Glück. Schließlich ging es ihm nur noch darum, Markus Söder zu verhindern – nicht einmal das ist ihm gelungen. Am Ende wollte er den Hof gar nicht mehr übergeben, nun wurde er vom Hof gejagt.

Seehofer hat es als einen seiner größten Fehler bezeichnet, schon 2013 vorzeitig angekündigt zu haben, 2018 abzutreten. Der wirkliche Fehler jedoch war, es nicht getan zu haben. Den würdigen Abgang, den er nun von seiner Partei einfordert, hätte er seinerzeit selbst in der Hand gehabt. Jetzt hat er immerhin noch eine Chance: Wenn er seinem Rücktritt als CSU-Chef schnell noch den als Minister hinterher schiebt, kann er diesen Abgang noch einigermaßen würdevoll und selbstbestimmt gestalten. Andernfalls wird der kommende CSU-Chef dies für ihn übernehmen.

Diese Einsicht muss man ihm wünschen. Mit etwas Abstand wird man sich beim Namen Seehofer dann vielleicht nicht mehr nur an seinen unrühmlichen Abgang erinnern.

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Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.

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