Der Aktivist

Palästinenser müssen sich besser verkaufen, fordert Fouad El-Haj

Fouad El-Haj arbeitet im Olof-Palme-Jugendzentrum in Gesundbrunnen. Der 40-Jährige mit kurz rasiertem Haar und Tattoos ist ehrenamtlicher Vorsitzender des Vereins Palästinensische Stimme, der sich vor allem in der Aufklärungsarbeit über den Israel-Palästina-Konflikt und laut Website „gegen jegliche Form des Rassismus, Antisemitismus und Islamophobie“ engagiert.

Fouad El-Haj lebt seit acht Jahren in Berlin und engagiert sich, wie er selbst sagt, seit 20 Jahren für eine gerechte Lösung des Nahostkonflikts. Hier im Nachbarschaftszentrum vermittelt er Jugendlichen palästinensische Traditionen und Geschichte. „Frieden“, betont er mehrfach, sei für ihn das Stichwort.

Einmal pro Woche bietet er Geschichtsunterricht für Jugendliche an. Etwa 15 junge Menschen zwischen 12 und 15 Jahren nehmen daran teil, manchmal auch deren Eltern. Sie sollen lernen, wie das Leben der palästinensischen Bevölkerung vor und nach 1948 aussah, wie es Pa­läs­ti­nenser*innen in Flüchtlingslagern geht – und dass es auch sehr viele Israelis gibt, die sich für ein Zusammenleben einsetzen. „Viele sind überrascht und finden das gut“, sagt El-Haj. „Wir bringen ihnen bei, dass Juden nicht gleich Palästinensermörder sind. Sie sollen wissen, dass es nur miteinander eine Lösung geben kann.“

Neben den Geschichtskursen bietet der Verein eine Folkloregruppe für Mädchen an und organisiert einmal im Jahr ein Kulturfestival. „Wir wollen den Menschen einen Einblick in unsere Kultur und Tradition ermöglichen“, sagt El-Haj über das Festival, bei dem arabische Musik- und Tanzgruppen auftreten. „Wir müssen die Politik, also den Hass da heraushalten.“

El-Haj ist frustriert von dem Engagement der deutsch-palästinensischen Vereine, die seiner Ansicht nach seit Jahrzehnten immer nur das Gleiche machen, ohne junge Leute mitreden zu lassen: „Wir Palästinenser müssen lernen, uns besser zu verkaufen.“ Dazu müsse die zweite Generation ran, die hier gelernt und studiert habe. Die Verantwortung dafür sieht El-Haj auch bei den Palästinenser*innen in Berlin. „Es bringt nichts, sich jeden Freitag vors Brandenburger Tor zu stellen, eine Flagge hochzuhalten und Selfies zu machen. Ich kriege die Menschen mit Kultur und Wirtschaft.“

Darum startet er in diesem Jahr sein neues Projekt – den Kaktusfeigendrink: Im April 2017 war El-Haj, der 1978 in einem libanesischen Flüchtlingslager geboren wurde, zum ersten Mal in seinem Leben in den palästinensischen Autonomiegebieten. Dort sah er einen Jungen am Straßenrand, der die stachelige Frucht mit den vielen harten Kernen eimerweise anbot, für nur 50 Cent das Kilogramm.

Da müsste man doch mehr draus machen können, dachte sich El-Haj, der in Berlin als Haustechniker arbeitet. Und er beschloss, die palästinensischen Bauern zu unterstützen, indem er ihre Kaktusfeigen zu Sirup und später in Deutschland zu einem Softdrink verarbeiten lässt. In Mexiko werde der Kaktusfeigen-Mojito wie Wasser getrunken, da die Frucht voller Proteine stecke. Diesen Herbst soll das Getränk hier auf den Markt kommen. Passend, findet El-Haj, denn der Name des Getränks „Sahber“ bedeutet auf Arabisch „Geduld“. – „70 Jahre Nakba, 70 Jahre Geduld“, sagt El-Haj. Dennoch solle es, betont er, kein politisches Erfrischungsgetränk werden.