Dänemark plant Flüchtlingsinsel : Abschiebung in die Ostsee

Die Mitte-Rechts-Regierung in Kopenhagen will Ausreisepflichtige vom Festland verweisen. Bisher werden auf der Insel Viren erforscht.

Lufbild der Insel mit den Gebäuden des Virenforschungszentrums

Alles andere als ein Urlaubsparadies: die dänische Insel Lindholm Foto: Imago/Ritzau Scanpix

STOCKHOLM taz | Dänemark will Flüchtlinge, deren Asylantrag abgewiesen wurde, bis zur Vollziehung der Abschiebung künftig auf einer „einsamen Insel“ unterbringen. In ihrem Haushaltsplan für das kommende Jahr präsentiert die Regierung, die von der rechtspopulistischen Volkspartei gestützt wird, die „øde ø“, die einsame Insel, auf der das künftige „Ausreisezentrum“ entstehen und ab 2021 in Betrieb genommen werden soll.

Erstmals war die Idee vor 18 Jahren ventiliert worden – von der damaligen sozialdemokratische Innenministerin Karen Jespersen. Sie wurde dafür auch aus ihrer Partei heftig kritisiert und wechselte später zur rechtsliberalen Venstre. Die heute Venstre-geführte Regierung hat die Idee nun auf Drängen des rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei verwirklicht, die die konservativ-liberale Minderheitsregierung stützt.

Die Insel heißt Lindholm. Sie liegt in einer Ostseebucht 3 Kilometer vom Festland entfernt und ist 7 Hektar groß.

Ein Großteil der Gebäude dort muss allerdings erst einmal gründlich dekontaminiert werden. Seit den 1920er Jahren hat sich dort das Virusforschungszentrum des staatlichen Veterinärinstituts befunden. Hier wurden noch bis vor wenigen Monaten Krankheiten erforscht und diagnostiziert, wie Maul- und Klauenseuche, Tollwut oder die afrikanische Schweinepest. Die einzige Verbindung zum Festland ist eine Fähre. Sie trägt den passenden Namen „Virus“.

Lindholm werde wegen des Umzugs des Instituts ab 2019 „frei“, beteuert die Regierung. Die Wahl der „Virusinsel“ sei keinesfalls symbolisch zu verstehen.

Geschmacklos und „undänisch“

Die Inselidee sei nichts als Symbolpolitik, kontert demgegenüber die liberale Politiken: Es sei zynisch und unnötig erniedrigend, wie man die betreffenden Menschen behandle. Die Zeitung erinnert daran, dass im Jahre 2000 der Inselvorschlag weithin als völlig undenkbar, geschmacklos und „undänisch“ abgelehnt worden war.

Im „Ausreisezentrum Lindholm“ sollen vor allem rechtskräftig verurteilte Straftäter mit Ausweisungsbeschluss landen. Nach dänischer Gesetzgebung und Justizpraxis können bereits relativ geringfügige Straftaten und eine Verurteilung zu einer zweimonatigen Haftstrafe eine Ausweisung rechtfertigen. Unklar ist, wie lange der Aufenthalt auf Lindholm längstens dauern darf, wenn eine Abschiebung langfristig unmöglich ist.

Von einem dänischem Alcatraz könne nicht die Rede sein, versichert Finanzminister Kristian Jensen: Die auf Lindholm Untergebrachten würden nicht eingesperrt. Es gelte zwar eine Aufenthaltspflicht, aber es gebe ja die Fähre.

Wann die wer benutzen darf – diese Regelung müsse man erst einmal abwarten, sagt die Menschen- und Europarechtsjuristin Louise Halleskov Storgaard: Aber es scheine, als ob Kopenhagen gewillt sei „bis an die Grenzen dessen zu gehen, was die Menschenrechtskonvention und die Bestimmungen über Freiheitsentzug möglich machen“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.