Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Wortklauberei im Verteidigungsministerium, T-Shirts von Donald Trump und die Unwörter des Jahres. Vor allem aber: Schnee!

Theresa May

Theresa May: Was hätte Monty Python anders gemacht? Foto: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Schnee! Zeit, den Bürgersteig zu würzen!

Was wird besser in dieser?

Wieso gibt’s dazu noch keine Kochshow?

Kurze Brexit-Zusammenfassung der vergangenen Woche: Theresa May sagt die für Dienstag geplante Abstimmung im Parlament über den Deal ab, dann muss sie sich einem Misstrauensvotum in ihrer konservativen Fraktion stellen, kündigt vorher ihren Rückzug zur nächsten Wahl 2022 an, gewinnt das Misstrauensvotum, fliegt durch die EU, um Verbesserungen am Vertrag auszuhandeln, alle sagen: Nö. Bitte lösen Sie den Knoten auf!

Wenn man sich bei jeder Volte fragt, was Monty Python anders gemacht hätten, kommt man schon auf seine Kosten.

Das Verteidigungsministerium hat unter Ursula von der Leyen 2015 und 2016 mindestens 200 Millionen Euro für Berater*innen ausgegeben. Hat es sich zumindest gelohnt?

Für die offenbar; knapp 10 Prozent ihrer Umsätze machen Beraterfirmen in Deutschland mit öffentlichen Umsätzen. Mit schönem Erfolg beim Wording: Wo die Opposition von „Vetternwirtschaft“ spricht, wirft von der Leyen das Tarnnetz „Kennverhältnisse“ drüber. Beides meint vor allem die ehemalige Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder. Sie kam vom Beraterkonzern McKinsey, an den das Ministerium zu ihrer Zeit Aufträge ausreichte. Aus Töpfen, die dafür nicht vorgesehen waren. Und: Beraterfirmen sollen auch an der Ausschreibung von Beratungsleistungen mitgewirkt haben. Sprich: Fragen Sie mal den Malermeister, ob Ihre Wohnung tapeziert werden sollte und wer das wohl machen könnte – und warten Sie gespannt auf die Expertise. Die Gelder sind ohne parlamentarische Kontrolle abgeflossen – the leyen sleeps tonight – und nun übt der Barras Zweifrontenkrieg: marodes Material, Rückstand an den Cyberwaffen – und zugleich panische Fehler bei der Reparatur. Suder, inzwischen im Digitalrat der Bundesregierung, weigerte sich aus gewissen Gründen, darüber persönlich Auskunft zu geben. Auch deshalb gibt es jetzt einen Untersuchungsausschuss.

Der Ex-Anwalt von US-Präsident Donald Trump, Michael Cohen, ist zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Mittlerweile ist nahezu jeder aus Trumps Wahlkampfteam verurteilt, nur er soll unschuldig sein?

2004 lancierte NBC die Reality-Show „The Apprentice“, „Der Lehrling“, es ging um einen 250.000-Dollar-Job beim Moderator Donald Trump. Bald darauf liefen trendige Amis in T-Shirts mit dem Aufdruck „You’re fired“ herum, Trumps Mantra beim Rauswurf von Kandidaten. Angewandter Sadismus ist also eine Kernkompetenz der Medienfigur Trump, und er bleibt da auch als Präsident seinen Fans nichts schuldig: Binnen zwei Amtsjahren feuerte er mehr als die Hälfte seines „engsten Kreises“, auch im Kabinett gehen drei Minister pro Jahr, wo Obama, Bush jr. und Clinton alle Mitarbeiter hielten. Anwalt ­Cohen beteuerte kurz vor Haftantritt, nichts ohne das volle Wissen seines Mandanten getan zu haben; vielleicht bekommt er zum Abschied ein T-Shirt.

Jens Spahns Entwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz sieht vor, dass Menschen, die eine Psychotherapie brauchen, erst zu Gutachter*innen müssen, um feststellen zu lassen, ob sie eine Therapie bekommen. Der Protest ist groß. Nur: Wie lässt sich die Wartezeit auf Termine bei Fachärzten besser verringern?

Wenn Spahns Gesetz die Medizin ist, was war noch mal die Krankheit? Ach ja, die Ungleichheit zwischen Kassen- und Privatpatienten. Die SPD forderte eine einheitliche „Bürgerversicherung“, das wurde zu einer „besseren Versorgung“ niederkoaliert. Und sprühfunkelt jetzt mit etwas mehr Sprechstunde hie, Lockstoff für ländliche Arztpraxen dort im Gesetzentwurf. Für psychisch Kranke wuchert die Neuerung zum Dreisprung aus: Sie müssen ihr heikles Thema dem Hausarzt gestehen, dann durchs Qualifying beim Gutachter, und mit etwas Pech findet sich dann kein passender Therapeut. Kompetent gelöst: zum Verrücktwerden. Und jedenfalls haben Hausarzt, Gutachter und Psycho mehr zu verwalten, was dann von der Arbeit mit Patienten abgeht. Spahns Bastelarbeit zeigt, dass der grundsätzliche Vorschlag, „eine Versicherung für alle“, doch viel für sich hatte.

Die Staatsanwaltschaft in Chemnitz möchte eine Entscheidung darüber herbeiführen, ob dem Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke die Immunität aberkannt und gegen ihn ermittelt werden kann. Höcke soll das Foto eines Verbrechensopfers missbräuchlich online wie auch auf einer Demo verwendet habe. Sollte Höcke diesmal tatsächlich nicht so einfach davonkommen?

Streng formal ist das Fake News, allerdings herausgegeben von Höckes Büro selbst: Der Justizausschuss hat der Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Höcke gestattet, in deren Verlauf dann nächstens die Aufhebung der Immunität beantragt werden kann. Thüringer Spezialität, die Höcke, keiner Opferrolle abgeneigt, zu „Aufhebung der Immunität“ hochlog. In der Sache geht es um Posts des Fotos einer Studentin, das wundersam den Weg aus Polizeiakten auf Demopappen in Chemnitz fand. Ihre Hinterbliebenen sehen es als Vermächtnis der Ermordeten, nicht für Naziaufläufe benutzt zu werden. Also versucht es die Staatsanwaltschaft jetzt mal mit dem Kunsturhebergesetz.

„Heißzeit“ ist das Wort des Jahres 2018. Wie oft haben Sie es im vergangenen Jahr benutzt? Und was war Ihr Favorit?

Um den Schandtitel „Unwort“ dürften der „Vogelschiss“ rangeln, die „Mutter aller Probleme“ oder auch die „Ankerzentren“. Alle ehrten rechte Täter, während das lexikalischere „Wort des Jahres“ zuletzt 2014 mit der „Lichtgrenze“ irgendwo im Nichts landete. Ähnlich „Heißzeit“, die tatsächlich eher eine Dürre war und schnell vergessen sein wird, während „Diesel-Fahrverbot“ in die Geschichtsbücher eingehen wird.

Und was machen die Borussen?

Neben dem Untitel „Herbstmeister“ geht auch der Pantomime-Pokal an Dortmunds Trainer Lucien Favre, als Antwort auf die „typische Bild-Frage“ (Manager Zorc) „Haben Sie eine Meisterprämie im Vertrag?“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.