Geflüchtete in Dänemark: Isolation um jeden Preis

Straffällig gewordene Flüchtlinge, die nicht abgeschoben werden dürfen, sollen auf die Insel Lindholm. Die Kosten dafür sind immens.

Luftaufnahme der Insel

Den Aufenthalt für Geflüchtete so unerträglich wie möglich machen: die dänische Insel Lindholm Foto: Imago/Ritzau Scanpix

STOCKHOLM taz | Geht es um Symbolpolitik, sind Kosten offensichtlich völlig unerheblich. Die Pläne der dänischen Regierung, straffällig gewordene Flüchtlinge, die nach Verbüßung ihrer Strafe trotz eines rechtskräftigen Ausweisungsbeschlusses nicht abgeschoben werden können, auf einer Insel in der Ostsee zu isolieren, versprechen jedenfalls extrem teuer zu werden.

Nach ersten Berechnungen des Finanzministeriums wird es umgerechnet über 100 Millionen Euro kosten, die „Seucheninsel“ Lindholm, auf der jahrzehntelang Tierversuche und Forschungen zu Viruskrankheiten vorgenommen wurden, zu dekontaminieren und als „Ausreisezentrum“ bewohnbar zu machen.

Dazu kämen dann laufende Kosten von jährlich mindestens 240.000 Euro pro Flüchtling – unter der Voraussetzung, dass das geplante Lager mit jeweils 125 Personen wirklich immer voll belegt ist. Die fragliche Personengruppe ist jetzt im Kærshovedgård in Jütland untergebracht. Dort belaufen sich die entsprechenden Kosten mit jährlich 34.000 Euro auf rund ein Siebtel davon.

Angesichts der Tatsache, dass ihre Kommunen gezwungen seien, jede Krone dreimal um zu drehen, sei ein solcher Umgang mit Steuergeldern „völlig wahnwitzig“, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung mehrerer Bürgermeister. „Ein Hohn“ kommentiert auch die Tageszeitung Information: Millionen würden nur dafür ausgegeben, um den betreffenden Menschen den Aufenthalt so elendig wie möglich zu machen.

Anwalt der Steuerzahler

Ironischerweise spielt sich die rechspopulistische Dänische Volkspartei (DF), die treibende Kraft hinter dem Konzept der „einsamen Insel“, sonst gern als Anwalt des Steuerzahlers auf. Seiner Partei sei das Projekt jeden Preis wert, betont Martin Henriksen DF-Vertreter im ausländerpolitischen Ausschuss des Parlaments: „Dort haben wir die Leute viel besser im Griff.“

Wie das praktisch mit dem „in Griff haben“ aussehen soll, erläuterte zwischenzeitlich Migrationsministerin Inger Støjberg. Damit sich Dänemark nicht dem Vorwurf verbotener Doppelbestrafung aussetze, dürften die abgewiesenen Asylsuchenden juristisch nicht vollständig ihrer Freiheit beraubt werden. Tagsüber bekämen sie deshalb theoretisch die Möglichkeit die Insel mit der Fähre zu verlassen, müssten aber jeweils nachts wieder im Lager sein.

Was den Fahrplan der Fähre und den Fahrpreis für die Insassen angehe, werde man allerdings „bis an die Grenzen“ dessen gehen, was internationale Konventionen ermöglichten. KritikerInnen befürchten, dass man angesichts eines Tagegelds von umgerechnet 4,15 Euro, das jetzt ausgezahlt wird, leicht ausrechnen könne, wie einfach es sei, aus der Insel, auf der es beispielsweise kein Trinkwasser gibt, tatsächlich eine Art „dänisches Alcatraz“ zu machen, wie das geplante Lager schon jetzt in Kreisen der Polizei intern genannt wird.

„De facto riskieren diese Menschen ihrer Freiheit beraubt zu werden“, sagt Pernille Skipper, Sprecherin der linken „Einheitsliste“. Zu den KritikerInnen des Projekts gesellte sich auch Michelle Bachelet, Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen. „Ich habe wirklich ernsthafte Bedenken“, erklärte sie am Mittwoch. Man wisse, dass „eine solche Isolation negative Konsequenzen hat“. Sie warnte vor „Stigmatisierung“ und kündigte einen „Dialog“ mit der dänischen Regierung an.

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