Parteivorsitz-Wahl beim CDU-Parteitag: Die Reden vor der Wahl

Im Machtkampf um die Nachfolge von Angela Merkel als CDU-Chefin haben sich Merz, Spahn und Kramp-Karrenbauer ein letztes Rededuell geliefert.

Firedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn winken zum Publikum

Wer wird sich durchsetzen? Merz, Kramp-Karrenbauer und Spahn Foto: dpa

HAMBURG taz | Um zehn vor zwei tritt Annegret Kramp-Karrenbauer ans Mikrofon. Die KandidatInnen stellen sich in alphabetischer Reihenfolge vor, AKK, wie sie in der Partei genannt wird, beginnt. Sie weiß, sie muss der Partei den Glauben an die eigene Zukunft zurückgeben. Und das tut sie. AKK spricht von Europa und dem Schengenraum, von Busverbindungen im ländlichen Raum, vom starken Staat und den Schulen, von Digitalisierung und Bürokratieabbau.

Vor allem aber spricht sie von Mut. Vom Mut, den die Partei braucht, vom Mut, den die Partei hat. Und der dafür sorgen wird, dass die CDU den Weg in die Zukunft schaffen wird. Zurück, das macht AKK ganz klar, will sie nicht. “Das muss die Partei von heute sein, das muss die Partei von morgen sein, dafür trete ich ein“, ruft sie in den Saal.

AKK bedankt sich bei Merkel, die die CDU zu dem gemacht habe, was sie heute ist. „Das letzte Einhorn in Europa“, nennt sie das und meint die „letzte starke Volkspartei“ damit. Aber Kramp-Karrenbauer setzt sich auch deutlich von Merkel ab: Ein „Mini“, eine „Kopie“, das sei sie nicht. Auch ein „einfach weiter so“ werde es mit ihr nicht geben.

Und dann fährt sie die Erfahrungen auf, von denen sie im Vergleich zu ihren beiden Kontrahenten deutlich mehr vorzuweisen hat: als Mutter, als Innen- und Bildungsministerin, als Ministerpräsidentin. Sie spricht von ihrer Zuhörtour, mit der sie als Generalsekretärin durch die Basis gezogen ist und von ihrem Führungsstil, bei dem sie mehr „auf Stärke, als auf Lautstärke“ setze.

AKK, die sich sonst gerne mal sperrig ausdrückt, nimmt die Delegierten mit. Der Applaus ist groß. Am Ende sagt sie: „Ich sage: Wir können das. Wir wollen das. Wir werden das.“ Ganz ähnlich hatte sie es bei ihrer Bewerbung als Generalsekretärin formuliert. Ob es diesmal auch reichen wird?

Zwanzig Minuten nach Kramp-Karrenbauer tritt Friedrich Merz ans Mikrofon. Er lässt es langsam angehen. Dankt Angela Merkel und sagt: „Wir richten den Blick in die Zukunft.“ Von diesem Parteitag müsse ein Signal des Aufbruchs und der Erneuerung der CDU ausgehen. Ganz Europa blicke an diesem 7. Dezember auf die CDU, die große Volkspartei. Man habe eine Verantwortung, „die über uns selbst hinausweist“.

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Dann aber geht er zurück ins Jahr 1994, als die CDU ihren Parteitag ebenfalls in Hamburg abhielt. Damals habe man noch nicht ahnen können, was an Konflikten auf das Land warte; die Zeit der globalen Konflikte schien vorbei. „Wir müssen uns klar sein, dass von diesen Gewissheiten kaum noch etwas geblieben ist. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs.“

Deutschland habe viel erreicht, gleichwohl sackten die Volksparteien Union und SPD ab. „Damit das klar ist: Ich bestreite niemandem den guten Willen, die an die AfD verloren gegangenen Wählerinnen und Wähler zurückzuholen. Aber es gelingt uns nicht.“ Die rechte Partei sei keine vorübergehende Erscheinung. „Dieser Zustand ist für mich unerträglich.“ Dann holt er gegen die Führung unter Merkel und AKK aus: „Wir brauchen einen Strategiewechsel im Umgang mit Themen, mit den Mitbewerbern und vor allem in der Kommunikation mit den Menschen.“

Zwar habe die Generalsekretärin während ihrer Zuhörtour mit der Mitgliedschaft gesprochen, aber was folge daraus für die Bürgerinnen und Bürger? „Unsere Umweltpolitik ist voller Widersprüche“, wird er deutlich. Diesel, Sicherheit, Staatsvertrauen, Gewalt – „die Bürger erwarten, dass der Staat die Kontrolle über seine Grenzen und auch über die Menschen, die zu uns kommen, behält.“

Er meine deshalb, die CDU brauche „eine Agenda für die Fleißigen“. Da hüpft das CDU-Herz. Fleiß, Arbeit, Planbarkeit; es sind große Versprechen, die Friedrich Merz macht. Die Bürger hätten nur eine Bitte: „Lasst uns in Ruhe arbeiten.“ Der Applaus für Merz ist kämpferisch. „Ohne klare Positionen bekommen wir keine besseren Wahlergebnisse.“

Merz holt das gute CDU-Silber raus: Verantwortung des Einzelnen, Zutrauen, Sozialpartnerschaft, Privatwirtschaftlichkeit, unternehmerische Verantwortlichkeit, staatliches Gewaltmonopol. Der Nationalstaat als Heimat, er ist Merz' Narrativ. „Es gibt Grenzen auch unserer Möglichkeiten.“ Er spricht Angela Merkel direkt an und erinnert an den Ukraine-Konflikt. Die Amerikaner bräuchten hin und wieder eine klare Ansage, „die akzeptieren Stärke und nicht Schwäche“. Johlen im Saal.

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Die CDU müsse Wertkonservativen wieder ein Zuhause geben. Die AfD sei für die Union keine Chance, asymmetrische Mobilisierung durch Nichtbeachtung des politischen Gegners sei aus der Zeit gefallen. Im Osten, wo die rechten Kräfte immer stärker werden, bräuchten die Konservativen wieder eine Heimat. Die Menschen in den ostdeutschen Bundesländern hätten einen Anspruch auf Respekt. Für die dortigen Landtagswahlkämpfe im kommenden Jahr werde die gesamte CDU einstehen, „wir überlassen den Osten nicht den Populisten von links und rechts“. Aus den angesprochenen Landesverbänden ertönt Jubel.

Schließlich kommt Merz auf die Mitglieder zu sprechen. Die CDU brauche mehr Frauen, jüngere Parteimitglieder und den Ausgleich zwischen den Generationen. Er geht auf seine Kritiker ein. Spaltung? Auseinanderdriften? „Dazu ein ganz klares Wort: Natürlich geht das gut.“ Erst das Land, dann die Partei, bezieht er sich auf ein Diktum von Angela Merkel. AKK und Jens Spahn sichert er Platz im engsten Führungszirkel eines Vorsitzenden Friedrich Merz zu.

Spahn ist chancenlos, aber er kämpft

Applaus brandet auf. Aber Merz erntet nicht mehr Beifall als Kramp-Karrenbauer. Sie hatte sich an die Vorgabe von 20 Minuten Redezeit gehalten, Merz hat überzogen.

Dann kommt Jens Spahn.

„Eine gute Zukunft braucht Ambitionen und ja, manchmal auch Ungeduld.“ Jens Spahn spricht gleich zu Beginn sein für CDU-Verhältnisse jugendliches Alter an. Es gebe in diesem Saal tausenunddeine Geschichte mit der CDU, im Kern aber laute sie bei allen: „Es ist uns nicht egal, wie sich das Land entwickelt.“

Die Partei könne nicht noch ein paar Jahre zuwarten. Es müsse einen Unterschied machen, wer morgens aufsteht und zur Arbeit gehe oder liegen bleibe, wiederholt er Sentenzen aus der zurückliegenden Mitgliedertour. Spahn setzt sich für einen „entspannten Patriotismus“ ein. Die Freiheit sei „unter Druck von linken Moralisten und rechten Radikalen und religiösen Fundamentalisten“, steckt er das Gebiet von Friedrich Merz ab.

Spahn ist chancenlos, aber er kämpft. „Es fühlt sich richtig an, hier zu stehen. Ich laufe nicht weg, wenn es eng wird“, ruft er. Die CDU brauche Mut, Unterschiede auch mal auszuhalten. „Alles muss auf den Tisch“, sagt Spahn; aber was er damit meint, bleibt schwammig. Zu jeder Debatte gehöre eine Entscheidung, dieser hier stelle er sich. In der Partei habe man in den letzten Wochen eine Bewegung spüren können. „An Tagen wie diesen“ spüre man den Geist der CDU.

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„Ich bin, wie ich bin“, sagt er zum Schluss. Als Vorsitzender wolle er jede Sekunde für das Land und die Partei kämpfen, auch wenn es schwierig wird. „Sie können sich auf mich verlassen. Ich werde sagen, was ich denke und mich trotzdem nie einem besseren Argument verschließen.“ Der erste Schritt zum Neustart sei gemacht, für den nächsten bittet er die Delegierten um ihr Vertrauen. Viel freundlicher Applaus schwirrt durch die Messe. Die Botschaft: Jens, versuch's beim nächsten Mal wieder.

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