Protest gegen Orbans Politik: Tausende Ungarn auf der Straße

Die Gewerkschaften drohen wegen des umstrittenen Arbeitsgesetzes in Ungarn mit einem Generalstreik. Die Opposition will die Proteste ausweiten.

Demonstranten mit Fahnen

Protestieren weiter und weiter: Demonstrant*innen in Budapest am 17. Dezember Foto: dpa

BUDAPEST afp | Der Protest gegen das umstrittene Arbeitsgesetz in Ungarn reißt nicht ab: Mehrere tausend Demonstranten zogen am Freitagabend erneut durch die Straßen der Hauptstadt Budapest. Oppositionspolitiker riefen vor den Demonstranten zu einer Ausweitung der Proteste nach dem Jahreswechsel auf, Gewerkschaften drohten mit einem Generalstreik. Regierungschef Viktor Orban sprach von „hysterischem Geschrei“ und warf dem US-Milliardär George Soros vor, die regierungskritischen Kundgebungen zu finanzieren.

Rund 5.000 Demonstranten marschierten am Abend bei eisigen Temperaturen vom Parlament über die Donau zum Präsidentenpalast. „Wir werden die Demonstrationen ausweiten“, sagte der Chef der oppositionellen sozialistischen Partei MSZP, Bertalan Toth. Denkbar seien Proteste gegen Unternehmen mit Verbindungen zur Regierungspartei Fidesz sowie gegen große Konzerne, die von dem neuen Arbeitsgesetz profitieren.

Redner auf der Protestkundgebung riefen dazu auf, die Regierungskritik aufrecht zu erhalten und die Proteste nach der Weihnachtspause wiederaufzunehmen. „Eine neue Opposition ist geboren worden“, sagte der MSZP-Politiker Balazs Barany vor den Demonstranten. Die Proteste gegen Orban hätten die Opposition in beispielloser Weise geeint.

Gewerkschaftsvertreter drohten mit einem Generalstreik im Januar. „Das Land muss zum Stillstand gebracht werden“, rief Tamas Szucs von der Lehrergewerkschaft vor den Demonstranten. Balasz Lipusz von der Studentengewerkschaft sagte: „Wenn die Arbeiter die Fabriken lahmlegen und die Straßen blockieren, dann werden wir mit ihnen gehen.“

Orban spricht von „hysterischem Geschrei“

Die liberale Politikerin Anna Donath von der kleinen Partei Momentum verlas auf der Kundgebung eine Erklärung mit fünf Forderungen, die über die Rücknahme des umstrittenen Arbeitsgesetzes hinausgehen. Unter anderem forderte sie eine Rücknahme der Justizreformen und mehr Unabhängigkeit in den öffentlich-rechtlichen Medien.

Ungarns rechtspopulistischer Regierungschef Orban wies die Kritik an dem neuen Arbeitsgesetz am Freitag zurück und richtete scharfe Attacken gegen die Demonstranten. „Wir haben dasselbe hysterische Geschrei gehört, als wir den IWF aus Ungarn rauswarfen, als wir die Steuern senkten oder das Programm für öffentliche Arbeiten einführten“, sagte er im staatlichen Rundfunk. „Diejenigen, die das Ende der Welt herbeischreien, sind diejenigen, die das Land ruinieren, und ihre Lügen sind grenzenlos.“

Die Stadtparlamente von Szeged und Salgotarjan verabschiedeten Resolutionen mit dem Versprechen, die Neuregelung nicht anzuwenden.

Orban wiederholte auch den Vorwurf, die „aggressivsten Demonstranten“ würden „von George Soros bezahlt“. Soros ist ein prominenter Kritiker des rechtsnationalen, ungarischen Ministerpräsidenten. Der Milliardär unterstützt mit seinem Geld weltweit Bemühungen, Werte wie Meinungsfreiheit, Transparenz und eine verantwortliche Regierung zu fördern. Die Regierung macht seit langem Stimmung gegen Soros.

Mehrere ungarische Städte wandten sich am Freitag von Orbans Arbeitsgesetz ab. Die Stadtparlamente von Szeged und Salgotarjan verabschiedeten Resolutionen mit dem Versprechen, die Neuregelung nicht anzuwenden.

Das neue Gesetz ermöglicht es Arbeitgebern, von ihren Angestellten bis zu 400 Überstunden pro Jahr zu verlangen und Gehaltszahlungen bis zu drei Jahre hinauszuzögern. Die Novelle, die am Mittwoch vom Parlament verabschiedet und tags darauf von Präsident Janos Ader unterzeichnet worden war, löste die bislang größte Protestwelle seit Orbans Amtsantritt im Jahr 2010 aus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.