„Offen volks­feindlich“

Verfassungsschutz beobachtet mehrere rechtsextreme Parteien – und Teile der Linken

Es ist eine illustre Gesellschaft, in die sich die AfD seit Dienstag einreiht. Schon jetzt beobachtet der Verfassungsschutz (VS) im rechtsextremen Spektrum die Kleinparteien NPD, Die Rechte, den Dritten Weg, Pro NRW. Alle Parteien fielen mit Anti-Asyl-Agitation auf, diskreditierten die Politik pauschal als „volksfeindlich“, so der Geheimdienst. Nun kommt die AfD als „Prüffall“ dazu.

Die Hürden für die Beobachtung von Parteien sind hoch. Parteien sind gesetzlich besonders geschützt, der Verfassungsschutz darf hier nur einschreiten, wenn er konkrete „Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung“ sieht.

So hatte Pro NRW etwa gegen die Beobachtung geklagt – und in mehreren Instanzen verloren, zuletzt 2016 vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Es gebe „zahlreiche Belege“, dass die Partei ein aggressives Feindbild Islam propagiere und Muslime ausgrenzen wolle, so die Richter. Auch würden Fremde pauschal für gesellschaftliche Probleme verantwortlich gemacht. Beides rechtfertige eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Es dürfte ein Urteil gewesen sein, das die Verfassungsschützer um VS-Präsident Thomas Haldenwang mit Blick auf die AfD sehr genau gelesen haben dürften.

Juristisch unterlag auch die NPD. 2016 hatten die Länder ein Verbot der Partei angestrebt, die Richter wiesen dies ab – weil die Partei derzeit zu bedeutungslos sei. Ideologisch aber bescheinigten die Richter der NPD klar einen Kampf gegen die Verfassung: Sie setze auf „Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung“ von „Ausländern, Migranten, religiösen und sonstigen Minderheiten“.

Unter Beobachtung des Verfassungsschutz stehen bis heute indes auch Teile der Linkspartei: etwa die Kommunistische Plattform oder die Sozialistische Linke, da beide den Kapitalismus überwinden und eine kommunistische Gesellschaft aufbauen wollten. Als „offen extremistisch“ in der Linkspartei gilt dem Geheimdienst auch die „Arbeitsgemeinschaft Cuba Si“, das Marxistische Forum und die Antikapitalistische Linke, Letztere weil sie ebenfalls einen „grundsätzlichen Systemwechsel“ anstrebe.

Über Jahre beobachtete der Verfassungsschutz einzelne Linken-Abgeordnete im Bundestag. 2013 erklärte das Bundesverfassungsgericht dies im Fall von Bodo Ramelow, heute Thüringens Ministerpräsident, für verfassungswidrig. Nur unter „strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen“ sei ein Eingriff in das freie Mandat zulässig, etwa wenn der Abgeordnete dieses zum Kampf gegen die Verfassung missbrauche. Für Ramelow gelte das nicht: Er sei „individuell nicht verdächtig“.

Konrad Litschko