Lösung für die „Sea-Watch 3“: Salvinis Erfolg

Das NGO-Schiff darf in Italien anlanden. Der Gerichtshof für Menschenrechte hatte dem rechten Innenminister Salvini zuvor Aufwind gegeben.

Ein kleineres Boot liegt neben der Sea Watch

Versorgungsfahrt für die Seawatch auf hoher See Foto: ap

ROM taz | Binnen Kurzem können die 47 am 19. Januar aus Seenot geretteten Flüchtlinge an Bord der „Sea Watch 3“ wahrscheinlich im italienischen Hafen Syrakus an Land gehen. Italiens Regierung, die tagelang den Landgang verweigert hatte, zeigt sich zum Einlenken bereit, nachdem Deutschland, Frankreich, Portugal, Rumänien, Luxemburg und Malta erklärt hatten, sie würden die Flüchtlinge aufnehmen.

Noch am Dienstag dagegen hatte die deutsche NGO Sea Watch, die das gleichnamige Schiff betreibt, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Niederlage erlitten. Sie hatte den EGMR in einem Eilverfahren angerufen, in der Hoffnung, das Gericht möge endlich Rom zwingen, den Landgang zuzulassen.

Doch der EGMR verpflichtete Italien nur darauf, Lebensmittel, Trinkwasser und medizinische Versorgung bereitzustellen. Damit wäre Italiens Innenminister Matteo Salvini, dem Chef der rechten Lega, ein weiterer Erfolg in seiner Politik der „geschlossenen Häfen“ sicher. Nach dieser weigert sich Italien, im Mittelmeer geretteten Flüchtlingen und Migranten Aufnahme zu gewähren.

Auch die Tatsache, dass Italiens Justiz Salvini jetzt im Gefolge der Blockierung eines Schiffs im vergangenen August wegen Freiheitsberaubung belangen will, bringt den Minister nicht aus der Ruhe. Am Dienstag trat der Immunitätsausschuss des Senats zusammen, der vom „Ministertribunal“ der sizilianischen Stadt Catania angerufen wurde.

Salvini bringt seine Koalitionspartner in Schwierigkeiten

In dem Fall geht es um das Schiff der italienischen Küstenwache „Diciotti“, eines Schiffs des Staates also. Das lag nach der Rettung von 177 Menschen tagelang im Hafen von Catania, während Salvini den Landgang der Flüchtlinge verweigerte. Erst nach zehn Tagen gab er nach.

Ursprünglich hatte Salvini erklärt, er werde sich gerne vor Gericht verantworten, doch am Dienstag vollzog er eine Kehrtwende. Er verlangt nun, der Immunitätsausschuss solle den Antrag des Gerichts abschmettern, denn er habe im übergeordneten nationalen Interesse gehandelt. In Schwierigkeiten bringt er damit vor allem seine Koalitionspartner vom Movimento5Stelle (M5S, die 5-Sterne-Bewegung).

Zu deren Markenkern gehört nämlich, dass Politiker sich Gerichtsverfahren stellen und nicht hinter ihrer Immunität verstecken sollen. Mehr noch: Das M5S fordert die Abschaffung der Immunität und gewährte deren Aufhebung regelmäßig in Fällen, in denen Parlamentarier aus den eigenen Reihen betroffen waren.

Die Lega fühlt sich durch Umfragen bestärkt

Das Movimento versucht sich aus dieser Zwickmühle mit der Erklärung zu retten, die gesamte Regierung habe im August 2018 Salvinis Entscheidung mitgetragen. Sie könnten so dem Antrag des Ministertribunals stattgeben, zugleich die Justiz aber dazu zwingen, auch gegen Regierungschef Giuseppe Conte und die anderen Minister ein Verfahren zu eröffnen.

Doch gegenwärtig scheint Salvini nicht geneigt, sich auf eine solche Lösung einzulassen. Unverblümt erklärten diverse Lega-Politiker seine Causa und das Nein zur Immunitätsaufhebung zur Koalitionsfrage. Sie tun dies aus einer Position der Stärke heraus: Die migrantenfeindliche Politik der Regierung wird von 56 Prozent der Bevölkerung gebilligt, und die Lega liegt in Umfragen derzeit bei 32 Prozent, während die Fünf Sterne auf 25 Prozent abrutschten.

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