Sparmaßnahmen zu Lasten der Mieter: Frieren mit der Deutschen Wohnen

Mieter der Deutschen Wohnen leiden in Berlin-Kreuzberg seit Wochen unter Heizungsausfällen. Grund ist offenbar eine seit Jahren marode Anlage.

Ein Thermostat an einer Heizung

Immer wieder sind Mieter der Deutschen Wohnen von Heizungsausfällen betroffen Foto: dpa

Dass es in den kommenden Tagen wieder wärmer werden soll, dürfte besonders die Mieter rund ums Kottbusser Tor in Kreuzberg freuen. Denn sie waren in den letzten Wochen immer wieder von Heizungsausfällen betroffen, wie die Initiative Kotti&Co jetzt bekannt gab: In der Kottbusser, Skalitzer, Kohlfurter und Reichenberger Straße sowie in der Mariannen- und der Admiralstraße seien die Heizungen zum Teil tagelang ausgefallen, wobei die Störungen immer nur für kurze Zeit behoben worden seien. Die Warmwasserversorgung hätte für einige Mieter bis zu zehn Tage lang nicht funktioniert. Rund 450 Wohnungen und damit mehr als 1.000 Menschen seien betroffen.

Die Wohnungen gehören zum Bestand des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen. Für die Mieterinitiative Kotti&Co sind die Ausfälle deswegen kein Zufall: „Sie haben System, denn sie sind direkte Folgen des Instandhaltungsrückstands in den Deutsche-Wohnen-Beständen“, so die Initiative in einer Mitteilung.

Ähnlich sieht es Claudia Harzer, die als Mieterin von den Ausfällen betroffen ist. Seit Mitte Dezember sei die Heizung bei ihr bereits viermal ausgefallen, der längste Ausfall habe fünfeinhalb Tage gedauert. „Da habe ich am Schluss in der Wohnung 13,5 Grad gemessen, tagsüber“, sagt Harzer. Auch in den vergangenen Wintern habe die Heizung immer wieder tagelang nicht funktioniert.

Grund dafür seien meist Ausfälle der zentralen Heizanlage in der Kottbusser Straße 20 gewesen, die mehrere hundert Wohnungen versorgt. „Sobald es unter 0 Grad geht, streikt die“, sagt Harzer. Das sei auch kein Wunder: „Mir hat einer der Monteure selbst gesagt, die Heizanlage sei völlig hinüber und müsste eigentlich komplett ersetzt werden.“

Das Ziel Eine Initiative will den Senat per Volksentscheid zu einem Gesetz zwingen, mit dem alle Konzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin enteignet würden. Betroffen wären unter anderem die Deutsche Wohnen, Vonovia und Akelius, insgesamt geht es um rund 200.000 Wohnungen.

Die Grundlage Die Initiative beruft sich dafür auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der die Möglichkeit der Enteignung gegen Entschädigung "zum Zwecke der Vergesellschaftung" festschreibt.

Der Zeitplan Bis Ende Februar soll die Kostenschätzung des Senats vorliegen, im April will die Initiative mit dem Unterschriftensammeln beginnen. 20.000 Berliner müssen in der ersten Stufe unterschreiben. (mgu)

Unternehmen bestätigt die Probleme

Bei der Deutschen Wohnen bestätigt man die Probleme. Der letzte Ausfall vom 25. bis 28. Januar habe daran gelegen, dass zunächst der eine und dann auch der andere der beiden Heizkessel ausgefallen sei, so Sprecher Marko Rosteck zur taz. „Mittlerweile konnte ein Kessel wieder in Gang gesetzt werden, sodass inzwischen wieder 70 bis 80 Prozent der Heiz-und Warmwasserleistung bei den Mietern ankommen.“

Als weitere Maßnahme seien Radiatoren ausgegeben worden, für die Stromkosten könnten sich die Mieter eine Pauschale von 5 Euro pro Tag mit ausgefallener Heizung erstatten lassen. Außerdem sei geplant, eine mobile Heizzentrale aufzustellen, das verzögere sich wegen einer fehlenden Genehmigung des Bezirks aber noch bis voraussichtlich Anfang nächster Woche.

Im Frühling, so der Plan, solle die Heizanlage dann komplett ausgetauscht werden. Das sei unter anderem deswegen nicht früher möglich gewesen, weil die Deutsche Wohnen hier „auch nur ein begrenztes Budget zur Verfügung“ habe. Insbesondere bei den früheren GSW-Häusern seien viele marode Anlagen übernommen worden. Bundesweit habe die Deutsche Wohnen in den vergangenen Jahren rund 25 Millionen in den Austausch von Heizanlagen investiert. Im Jahr 2017 machte der Konzern einen Rekordgewinn von 1,8 Milliarden Euro und konnte sich damit im Vergleich zum Vorjahr über ein Plus von rund 9 Prozent freuen.

„Wie die börsennotierten Immobilienkonzerne ihre Mieter auspressen, das hat mit Grundrechten nichts mehr zu tun“, sagt die Mieterin Claudia Harzer. Seit 1979 wohnt die Rentnerin in ihrer Wohnung in der Kottbusser Straße. Mit dem Börsengang des früheren Eigentümers GSW 2010 hätten die Probleme begonnen: „Der Hauswart wurde abgeschafft und auch sonst alles nach und nach outgesourct“, sagt Harzer.

Volksbegehren Deutsche Wohnen&Co enteignen unterstützt

Die Übernahme durch die Deutsche Wohnen habe die Probleme nur noch verschärft. „Man muss sich endlos mit denen rumschlagen, damit überhaupt was passiert, in der Hotline wird man behandelt, als hätte man überhaupt keine Rechte“, sagt Harzer.

„Was die Deutsche Wohnen seit Jahren da am Kottbusser Tor treibt, grenzt an fahrlässige Körperverletzung“, sagt der Linken-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser, der seinen Wahlkreis in Kreuzberg hat. Die Wohnungsaufsicht müsse den Druck auf den Konzern deutlich erhöhen, damit dieser für ein dauerhaft funktionierendes Heizungssystem sorge. „Letztendlich liefert die Deutsche Wohnen mit ihrem verantwortungslosen Handeln aber nur einen weiteren Beleg dafür, dass ihr Wohnungsbestand schnellstmöglich in öffentliches Eigentum überführt gehört.“

Der Berliner Landesverband von Meisers Partei Die Linke unterstützt offiziell das Volksbegehren Deutsche Wohnen&Co enteignen. Die Privatisierung der 2004 unter einem rot-roten Senat verkauften GSW-Häuser hatte dem Image der Linkspartei in Berlin stark geschadet. Auch die Mieterin Claudia Harzer hat sich bereits an die Initiative hinter dem Volksbegehren gewandt, erzählt sie – bisher habe sie aber noch keine Rückmeldung von den Aktivisten erhalten.

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