Versorgungsengpass in Mariahilf-Klinik?: Der Chef ist sorgenlos

Der Gesundheitsausschuss der Hamburger Bürgerschaft bemüht sich um Aufklärung über die Zustände in der Mariahilf-Geburtsklinik in Hamburg-Harburg.

Ein Arzt hält ein neu geborenes Kind.

Sollte bitte gut betreut sein: Entbindung Foto: dpa

HAMBURG taz | Aufklärung erhofft. Seit Wochen wird über die Zustände in der Geburtshilfe der Helios Klinik Mariahilf in Harburg spekuliert – am Dienstag befasste sich nun der Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft mit dem Thema. Anfang des Jahres war bekannt geworden, dass die Chefärztin Maike Manz ihre Kündigung eingereicht hat. Ihr folgten mehrere Oberärzt*innen.

In einem Brief an die Kolleg*innen beklagten die abgängigen aber auch verbliebene Ärzt*innen die „existierenden Rahmenbedingungen“ auf der Station, die es ihnen nicht ermöglichen würden, ihren Ansprüchen an die medizinische Versorgung gerecht zu werden. Was genau die Mediziner*innen damit meinen, blieb unklar. Wegen der in ihren Arbeitsverträgen stehenden Verschwiegenheitserklärungen dürfen sie keine Details ihres Arbeitsalltags beschreiben.

Die grüne Bezirksabgeordnete Gudrun Schittek, selbst Frauenärztin und in Kontakt mit Teilen der Mariahilf-Belegschaft, sagt: „Die Mitarbeiter*innen würden gerne reden, doch die Angst vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen ist riesig, viele wirken eingeschüchtert.“

So schwiegen Manz und ihre Kolleg*innen auch im Gesundheitsausschuss, währen Geschäftsführer Phillip Fröschle die ihm gegebene Bühne nutzte, die Situation der Geburtshilfe in den rosigsten Farben zu schildern und zu betonen: Die „Veränderungen, die Frau Dr. Manz gewünscht hat, wurden umgesetzt“. Seit Wochen schon geht Fröschle in die Offensive, bestreitet alle kursierenden Vorwürfe, etwa dass aus Sparsamkeit oft zu wenig Personal vorhanden sei, oder die Kaiserschnittrate künstlich hoch gehalten werde.

Gudrun Schittek (Grüne), Harburger Bezirksabgeordnete

„Die Angst der Mitarbeiter*innen vor rechtlichen Konsequenzen ist riesig“

Neue Munition bekommen die allgemein gehaltenen Vorwürfe gegen die Klinikleitung aber durch die Vorgänge Anfang des laufenden Monats. Aufgrund eines Personalengpasses musste am ersten Fe­bruarwochenende mindestens ein Kreißsaal die meiste Zeit geschlossen bleiben. Nur „Kinder, die es ganz eilig hatten“, so die Klinikleitung, wurden entbunden. Das sei, so Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storks (SPD) vor dem Ausschuss, „ein Grund, nachzufragen, ob die Versorgung tatsächlich gesichert ist.“ Sie erwarte eine Personalplanung die gewährleiste, so die Senatorin, „dass Sperrungen nicht stattfinden.“

Am selben Wochenende verstarb eine Schwangere unter der Geburt in der Klinik. Es ist der erste solche Todesfall in Hamburg seit 2015. Dieser erfolgte aber außerhalb der Sperrzeiten. „Zu diesem Zeitpunkt lag eine volle ärztliche Versorgung vor – es gibt keinen Zusammenhang zwischen diesem tragischen Todesfall und dem Personalengpass an diesem Wochenende“, betonte die Gesundheitssenatorin am Dienstag. Trotzdem hat die Staatsanwaltschaft ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet und eine Obduktion angeordnet. Das sei „ein normales Vorgehen bei ungeklärten Todesursachen“, erklärte Nana Frombach, Sprecherin der Anklagebehörde.

Keine Antwort auf konkrete Fragen

Derweil kursiert in der Harburger Geburtsklinik nach Angaben der Zeit eine Unterschriftenliste für alle Mitarbeiter*innen. Der Tenor: „Wir erleben den Umgang mit unserer Klinikgeschäftsführung und das Gespräch über diese Rahmenbedingungen als fair, kompromissbereit und konstruktiv.“ Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Fröschle selbst die Aktion gestartet hat und das Personal dränge, zu unterschreiben. „Die Klinikleitung hat dieses Schreiben weder initiiert noch vorangetrieben“, dementiert Helios-Sprecherin Lisa Klauke-Kerstan gegenüber der taz entschieden.

Konkreten Fragen aber weicht die Klinikleitung weiter aus. So wollte Schittek von Fröschle wissen, wie viele „Gefährdungsanzeigen“ die Mitarbeiter*innen der Geburtshilfe im vergangenen Jahr gefertigt hätten. Mit ihnen zeigen Krankenhausmitarbeiter*innen an, dass es aufgrund der Arbeitssituation zu gesundheitlichen Gefährdungen oder Qualitätseinbußen in der Arbeit kommen kann. „Eine Antwort habe ich nicht erhalten“, so Schittek.

Auch im Ausschuss war Fröschle bei dem Thema zurückhaltend. Gefährdungsanzeigen seien im vergangenen Jahr kein Thema gewesen und in intensiven Gesprächen seien Lösungen gefunden worden. Auf Nachfrage gab er dann aber doch noch an, es habe sehr wenige Gefährdungsanzeigen gegeben. Christiane Blömeke (Grüne) bat Fröschle daraufhin, die genaue Zahl nachzureichen.

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