heute in hamburg
: „Es kommt oft Blödsinn raus“

Foto: privat

Eric Eitel, 47, Vorstand des Think-Tanks All2gethernow und Gründungsmitglied von Music Pool Berlin. Neben seiner kuratorischen Arbeit schreibt er für Tech- und Musikmedien.

Interview David Günther

taz: Herr Eitel, wer macht bessere Musik – der Mensch oder die Künstliche Intelligenz (KI)?

Eric Eitel: Das ist Geschmackssache. Ich mag eher experimentelle Musik. Die KI kann kein eigenes Werk ohne Grundlage erschaffen, so ist experimentelle Musik schwieriger für die Maschine. Generische Popmusik kann eine KI jedoch schon ganz gut machen.

Wieso ist es für eine Maschine leichter, Popmusik zu machen?

Im Augenblick können die KI-Systeme Stücke komponieren, indem sie eine Songstruktur analysieren und auf dieser Grundlage Variationen erstellen. Ein Popsong ist relativ einfach aufgebaut und befolgt meist einer geregelten Songstruktur, für die das System relativ leicht Variationen generieren kann.

Kann eine KI denn ein künstlerisches Werk produzieren?

Derzeit nein. Sie kann aber so tun, als würde sie es. Jedoch auch dann hat der Mensch noch immer die Produktionshoheit. Damit es funktioniert, muss der Mensch meistens noch den „human tweak“ geben, um den Song spannender und interessanter zu machen.

Unterscheidet sich Musik von einer Künstlichen Intelligenz und einem Menschen?

Nein, nicht wirklich. Besonders funktionelle Musik, wie im Film, im Fernsehen oder in Computerspielen befolgen gewisse Regeln. Es gibt ein Album namens „Hello World“, das vermeintlich mit einer KI produziert wurde. Das klingt wie ein normales Popalbum.

Die KI kann den Menschen in der Kunst also nicht ersetzen?

Den künstlerischen Ausdruck kann die Maschine nur simulieren und nicht erschaffen. Bei der Produktion wiederum kann die Maschine behilflich sein.

Podiumsdiskussion „Das genuin Menschliche. Künstliche Intelligenz und Kreativität“ mit Klaus Siebenhaar (FU Berlin), Liat Grayver, Dennis Rudolph, Dr. Julia Schneider und Eric Eitel: 19 Uhr, Museum der Arbeit

Was kann sie denn übernehmen?

KünstlerInnen können spezielle Systeme als Tool nutzen. Die Maschine könnte beispielsweise an der Melodie arbeiten und der Mensch kann sich daran orientieren und gegebenenfalls Änderungen vornehmen. Die Maschine kann zwar kleine Teile eines Songs kreieren, aber keine ganzen künstlerischen Werke.

Was wäre, wenn man der Maschine alle Freiheiten gibt?

Es gibt ein Projekt von der Künstlerin Holly Herndon, bei dem sie eine KI ihre Stimme analysieren lässt. Die KI hat auf diesem Weg unkontrolliert singen gelernt und baut darauf basierend Songs. Es kommt halt oft auch Blödsinn heraus, dennoch ist es Musik.