In die Schusslinie geraten

Niedersachsen hat einen Wolfsberater wegen Anfeindungen abberufen. Der Abschuss des Wolfes GW717m steht aus

Von Andrea Maestro

Das niedersächsische Umweltministerium hat einen ehrenamtlichen Wolfsberater aus Nienburg entlassen – um ihn zu schützen. Der Wolfsberater sei „zunehmenden persönlichen Anfeindungen“ ausgesetzt gewesen, sagt Ministeriumssprecherin Lotta Cordes. Der Mann sei dafür verantwortlich gemacht worden, dass der Wolf GW717m aus dem Rodewalder Rudel abgeschossen werden darf. „Eine weitere Tätigkeit war aus Fürsorgegründen nicht mehr zu verantworten.“

Weil der Wolf mehrmals Rinderherden angegriffen haben soll, erteilte das Umweltministerium eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss. „Es ist davon auszugehen, dass der Rüde dieses Verhalten auch an seine Nachkommen weitergibt“, begründete Minister Olaf Lies (SPD) den Schritt.

Noch hat der Wolf jedoch eine Gnadenfrist, da der Freundeskreis freilebender Wölfe Widerspruch beim Verwaltungsgericht Oldenburg eingelegt hat. „Die Öffentlichkeit wurde nicht ausreichend informiert“, kritisiert der Vorsitzende Ralf Hentschel. Auch der grüne Landtagsabgeordnete Christian Meyer ist unzufrieden: „Die Abschussfreigabe war voreilig und steht juristisch auf wackeligen Füßen.“ Der Akzeptanz des strengen Artenschutzes für den Wolf werde mit der Entscheidung Schaden zugefügt.

Der Celler Wolfsberater Helge John fragt sich zudem ganz praktisch, wie die Jäger den richtigen Wolf erschießen wollen, ohne andere Wölfe zu gefährden. „Die sind alle gleich groß und sehen alle gleich aus.“ Zudem sehe man die Tiere meist nur weit entfernt in der Dämmerung.

John, selbst Jäger, würde den Auftrag, einen Wolf zu erschießen, nicht annehmen. Er habe Sorge vor Anfeindungen, nicht nur im Netz. „In beiden Lagern, von Wolfsbefürwortern und -gegnern gibt es Extreme“, sagt er. Am Ende würden womöglich seine Kinder in der Schule bedroht oder sein Haus beschmiert. Auf einen Wolf schießen würde er deshalb nicht.

„Man darf nicht zwischen die Fronten geraten“, sagt auch Torsten Schumacher, der Wolfsberater in Vechta ist. Für die Ehrenamtlichen sei es das Beste, zurückhaltend und sachlich zu agieren. Schumacher ist selbst schon bei Facebook angefeindet worden. „Da fragt man sich schon, ob man sich das antun muss.“